mit einem langen einzelnen Grase an einem Baumzweig auf-
gehäügt, zu gewahren.
Während ich am Nachmittag mein Tagebuch ausfüllte, erhielt
ich einen Besuch von Mohammed Byrdji, der Tln-teg-
gana an demselben Morgen verlassen hatte. Er erzählte mir,
dass alle alten Männer und die Frauen, welche wir dort gelassen
hätten, nicht nach Tintellust zurückgekehrt, sondern
nach einem südlicheren Dorfe, Namens Tm-tärhalen, gezogen
seien. Ebenso, sagte er, zöge sich die Bevölkerung aller anderen
Dörfer im nördlichen Bezirke Air’s während der Abwesenheit
der Salzkarawane nach Süden zurück. So ist hier
eine feste Siedelung mit einer regelmässigen alljährlichen
Wanderung verknüpft.
[Montag, 16ten Dezember.] Bei unserem Aufbruch diesen
Morgen waren wir nicht wenig erfreut, einige Abwechselung
in der Vegetation zu finden. Anstatt mit der einförmigen
Talha, welche nicht ohne gewisses Recht eine „vegetabilische
Mumie” *) genannt worden ist, war die Thalebene mit prachtvollen,
sich weit ausbreitenden Addua- oder Tabörakbäumen
— Baiamtes Aegyptiacus — geschmückt. Ihre Laubkronen
reichten oft bis auf den Boden herab und bildeten ein dichtes
Dach des frischesten Grüns. Nachdem wir uns eine Zeit
lang in der Thalebene hingewunden hatten, zu wiederholten
Malen das kleine Rinnsal überschreitend, ' führte uns der Pfad <
auf felsiges Terrain hinauf und wir erhielten bald eine Ansicht
des Gebirges Baghsen, welches hinter der vorderen Bergkette
hervortauchte. Von seinem südlichen Ende steigt ein
Kegel, Anfissek genannt, zu bedeutender Höhe an. Die höhere
Ebene, die wir so betraten, war jedoch nicht kahl
und nackt, sondern mit Bü-rekkeba-, Addua- und Gauo-
bäumen bewachsen; zur Linken hatten wir den breiten und
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*) Es ist bezeichnend, dass der Amö-scharh oder Targi einen und denselben
Namen, nämlich „essarer”, für Talha und Brennholz hat.
dabei doch scharf markirten Kegel des Berges Märi, der das
Ganze überragte und der Landschaft einen eigenthümlichen
Charakter verlieh. Wir lagerten zu früher Stunde zwischen
vereinzelten, von Quarz gezeichneten Granitmassen, die aus
der Ebene emporstiegen und die einzige Unterbrechung der
bis an den Fuss des Baghsen sich hinanziehenden Fläche
bildeten; sie wird daher auch emphatisch mit dem Namen
„die Ebene” oder vielmehr „Thalebene”, „Erärar”, bezeichnet.
Am Nachmittag machte ich einen ansehnlich weiten
Spaziergang, zuerst nach einem Hügel, südwestlich von unserem
Zelte, von wo aus ich mehrere Winkel nehmen konnte,
dann zum Brunnen. Dieser war etwa 1-| Meile von unserem
Zelte entfernt und sorgfältig mit Steinen ummauert. Die
Tiefe betrug 3% Klafter bis zur Oberfläche des Wassers, während
die Tiefe des Wassers selbst gegenwärtig nur um ein
Geringes weniger als 3 Klaftern betrug, so dass es ganz
ausser Zweifel ist, dass hier zu jeder Zeit’ Wasser gefunden
wird. Der Brunnen wird Albes genannt. Da wir in Folge
unserer langsamen Marschweise 4 Tage lang ohne Wasser
gewesen waren, so war es recht erfreulich, einmal wieder
einen Brunnen zu erreichen. Zwischen dem Brunnen und dem
Fusse des Berges war ein zeitweiliges Lager von Schaafhir-
ten, die ein Schaaf und eine ziemliche Menge Käse für den
alten Häuptling brachten.
Wir blieben hier die beiden folgenden Tage gelagert, um
von den Ermüdungen unseres Scheinreisens auszuruhen. Ich
machte heute sämmtlichen Dienern unserer Gesellschaft ein
Geschenk mit 22 Sekka Bilma-Datteln, welche ich von den
Leuten der Salzkarawane kaufte. Diese schlechten Datteln
waren für uns ein grösser Luxus in diesen Gegenden und
bei diesem kühlen Wetter; denn Datteln gewähren im Winter
doppelt so viel Genuss als im Sommer. Die Leute waren alle
dankbar für dies kleine Geschenk, und ich war ausserordentlich
erfreut, dass selbst der Tunesische Mulatte, nachdem
Barth's Reisen. I . , 73