Unter Gesprächen solcher Art war mein kleiner Trupp,
ausser mir nur von dem Smtäni und dem Schnusch gebildet,
in ein kleineres Seitenthai des Wadi Sofedjin eingetieten.
Hier springt von der westlichen Thalwand ein Hügel vor,
welcher mit einem Schlosse gekrönt ist. Dies war der ver-
lieissene Ort, wo ich wunderbare alte Skulpturen und Zeichnungen
in Menge finden sollte, doch wurde mir bald klar,
dass ich meine Erwartungen nicht zu hoch spannen dürfte.
Die Burg, wie sie jetzt dasteht, ist unverkennbar ein Gebäude
aus der früheren Periode der Araber und aus kleinerem
Gestein erbaut, aber die Sterne sind mit einiger Regelmäs-
sigkeit behauen und bilden horizontale Schichten, jedoch
keineswegs alle von derselben Dicke. Die Burg bildet beinahe
ein regelmässiges Viereck und schliesst mehrere gewölbte
Gemächer ein, alle mit einem gewissen Gefühl für
Symmetrie und Regelmässigkeit ausgeführt. Während wir
nun das Gebäude als von entschieden Arabischer Bauart
bezeichnen, müssen wir das Thor als ebenso unverkennbar
von Römischer Arbeit ansprechen; es mag einem älteren
Gebäude angehört haben, welches der Arabische Häuptling,
der diese Burg baute, auf dem Platze gefunden haben kann.
In dieser Vermuthung wird man durch mehrere Bruchstücke
architektonischen Schmuckes bestärkt, unter denen eine Steinplatte
mit mehreren Kassetten der verschiedenartigsten Zeichnung,
aber doch nicht ohne Geschicklichkeit ausgeführt, sich
auszeichnet.
Es ist Schade, dass wir über die Geschichte dieser Länder
während der Arabischen Dynastien so wenig wissen, obwohl
durch die endliche Veröffentlichung von Ebn Chaldun’s
Geschichte ein Schritt vorwärts gethan worden ist. Sonst
würden wir diese Reste ihrer feudalen Lehensverhältnisse
mit ganz anderem Interesse betrachten.
Diese Burg sowohl wie eine andere, deren Beschreibung
ich lieber gleich hier einen Platz eröffne, obgleich ich sie
erst einige Tage später besuchte, ist nach einem Manne
oder Häuptlinge Namens Chafäidji 'Aämer benannt. Von ihm
erzählt man, dass er ein mächtiger Häuptling gewesen sei,
angeselm in Tunis nicht weniger als in Ttaräbolus (Tri?
poli). Diese Angabe dürfte einer historischen Begründung
nicht ermangeln; wir wissen, dass vom Jahre 724 nach der
Hedjra (1323 n. Ch.) bis zum Jälire 802 (1399) in Tripoli eine
Dynastie der Beni 'Aämer *) geherrscht hat; sie war höchst
wahrscheinlich mit der gleichnamigen Dynastie, welche beträchtliche
Zeit die Herrschaft über das Syrische Tripolis
gefülut hatte, veirwandt.
Die andere Burg nun, der eben beschriebenen im Namen
wie im Baustyle verwandt, aber in vielen Beziehungen interessanter,
da sie unverkennbar einst eine Stätte christlicher
Glaubensverehrung war, liegt auf einem schmalen, isolirten
Felsvorsprung hi der Schabet Um el Cliarüb. In der Tliat
*) Hadji Chalfa’s chronolog. Tafeln, S. 167.