fordert, ist es ihm erlaubt, seine Fiisse auf den „gadö” hinaufzuziehen
und es sich in Orientalischer Weise bequem zu machen.
Solcher einfach kindlichen Art ist die Ceremonie, welche
die gemeinsame Theilnahme dieser verschiedenen Stämme
an der Einsetzung ihres Sultans darstellt. Im allgemeinen
Abschnitt werde ich auf diesen Gegenstand zurückkommen.
Nachdem die Ceremonie der Investitur beendigt war, ver-
liess die ganze Festtagsprozession den Palast, um nach einer
ausserhalb der Stadt liegenden Kapelle zu ziehen. Es ist die
des Meräbet Ssidi Hammäda in Tara-bere, wo altem Herkommen
nach der Fürst mit seinem ganzen Gefolge an diesem
Tage sein Gebet zu verrichten hat. Dies ist ein religiöser
Gebrauch, der über das ganze Moslimische Afrika verbreitet
ist. Ich selbst habe ihm in einigen der wichtigsten
Hauptstädte, wie hier, iu Kukaua, Mäsena, Sokoto und Tim-
buktu, beigewohnt. Überall ist das Prinzip dasselbe. Ich will
hier bemerken, dass meine Kel-owT, die sonst sehr nachlässig
in ihren äusserlichen religiösen Pflichten waren, in Agades
keines der vorgeschriebenen Gebete versäumten.
Da ich es nicht für verständig hielt, mich bei einer solchen
Gelegenheit unter die Bevölkerung zu mischen, obwohl
ich sehr gem dies höchst interessante Schauspiel ganz in der
Nähe gesehn hätte, begnügte ich mich, die ganze Prozession
von der Terrasse unseres Hauses in Augenschein zu nehmen.
Nachdem der Festzug seinenWeg durch die wichtigsten Quartiere
der Stadt und über die Marktplätze genommen, wandte
er sich von der Kä-ssua-n-delelti nach dem ältesten Stadt-
theil und kehrte dann westwärts zurück, bis er die besagte
Kapelle oder das Grabmal Ssidi Hammäda’s erreichte, wo
sich auch ein kleiner Begräbnissplatz befindet. Nachdem die
Gebete verrichtet waren, kehrte die Prozession durch den
südlichen Theil der Stadt zurück und etwa um 10 Uhr trennten
sich die Mitglieder, welche den Zug gebildet hatten.
Beim Hin- und Rückwege war die Anordnung des Zuges
folgende : An der Spitze, von Musikanten begleitet, ritt der
Sultan auf einem sehr stattlichen Pferde von Tauäter Zucht*),
Er trug über einem schönen Sudanhemde von buntem Gewebe
aus Baumwolle und Seide den blauen Bernus, welchen
ich ihm als Geschenk der Königin von England überreicht.
An der Seite hatte er einen stattlichen krummen Säbel mit
goldenem Griff. Ihm zunächst ritten zwei Ssäraki-n-turaua;
Boro, der frühere Sserki-n-turaua, an seiner Linken, Aschu,
welcher dies wichtige Amt gegenwärtig innehatte, an seiner
Rechten. Ihnen folgten die „fadaua-n-sserM”, hinter welchen
die sämmtlichen Häuptlinge der I -tl-s sa n und Kel-geress
einherzogen. Diese waren sämmtlich zu Pferde und in voller
Kleidung und Bewaffnung, mit Schwert, Dolch, langem
Speer: und ungeheurem Schilde. Darauf kam der längere Zug
der Kel-owT, meist zu Mehära — Reitkameelen —, mit Astafi-
det, ihrem titulären Sultan, an der Spitze; ganz zuletzt folgten
endlich die Bewohner der Stadt, theils zu Pferde, die grössere
Anzahl, jedoch zu Fuss, die Einen mit dem gewöhnlichen
geraden Schwert und Speer, Viele jedoch auch mit Pfeil und
Bogen bewaffnet. Da Alle zu dieser Feierlichkeit ihren höchsten
Schmuck angelegt hatten, so gewährte der ganze Aufzug
ein ausserordentliches Interesse und wäre wohl der Darstellung
durch einen Künstler werth gewesen.
Während der Zug durch-die Stadtquartiere zog, eilten
Weiber und Kinder, die nicht am Zuge selbst Theil nahmen,
die oben erwähnten Schutthügel hinan, um einen besseren
Überblick über die Festlichkeit zu gewinnen. Das Ganze erinnerte
in der That an die ritterlichen Prozessionen des Mittelalters,
um so mehr, als die hohen rothen Mützen **) dieser
*) „Das Ross aus Tauät” ist sprichwörtlich, bei den Berber-Bewohnern
der Wüste ebenso berühmt als „die Frauen der Imanäng” oder „der Reichthum
von Tunis” .
**) Ich muss jedoch bemerken, dass diese rothen, „matt-ri” genannten