(Jieser Lehne entlang hielten, lagerten wir eine Stunde später
zwischen dem ansteigenden Boden und dem Meeresufer, welches
weiterhin den tief einschneidenden Hafen Mirssä Bureka
bildet.
[16*«- Januar] In früher Stunde brachen wir wiederum
auf und erreichten mit zehn Meilen die Ruinen eines Kastelles
am Ufer, genannt „bürdj el melha”, mit dem die Ruinen
eines gleichfalls aus Quadern gebauten Dorfes in Zusammenhang
stehn, während ein langer und in dieser Einöde imposanter
Molo weit in’s Meer hinausragt; die Anwohner nennen
ihn „el Minä”. Vier und eine halbe Meile weiterhin erreichten
wir den weit sichtbaren Hügel, dessen Gipfel die
Kapelle des Heiligen (Ssidi) Said ben Salah einnimmt. Dies
ist derselbe Heilige, der von Manchen Sidi Ghäsi genannt
wird und von dem Theile der Eingeborenen, welche nicht'
der strenggläubigen Sekte des el Medani, von der ich an
einer anderen Stelle sprechen werde, sich angeschlossen haben,
mit hoher Verehrung betrachtet wird. Da war keiner
unserer Gefährten, der nicht die Höhe bestiegen hätte, um
dort ein kurzes Gebet zu sprechen.
Hier verliessen wir das Ufer, tränkten unsere Thiere an
einem Brunnen und Ressen die Kapelle Sidi 'Ali’s zur Seite,
nahe bei welcher einige Ruinen sich befinden. Dann setzten
wir unseren Marsch mit beschleunigter Eile über schönes
Steppenland fort, bis wir uns der Pflanzung von Soära oder
vielmehr Soära el gharbia näherten. Hier liess ich Herrn
Overweg mit unseren Leuten langsam nachfolgen und eilte
mit dem Chalifa voraus, um uns Quartier bei meinem früheren
Freunde Säid-bü-Ssemmrn zu verschaffen. Denn zu
meiner nicht geringen Genugthuung hatte ich vernommen, dass
mein Freund, für den ich damals, als er in Ungnade gefallen,
Fürsprache eingelegt, wirklich in die Regierung von
Soära wiedereingesetzt sei. Er war gerade denselben Tag
von einem längeren Besuch in der Hauptstadt zurückgekehrt
und hoch erfreut, mich wiederzusehn; erstaunte aber auch
nicht wenig, als er hörte, dass ich im Begriffe stände, eine
bei weitem schwierigere und gefährlichere Reise zu unternehmen,
als meine frühere Bereisung des Gestadelandes gewesen
war; denn er hatte wohl erfahren, dass ich damals
kaum mit dem Leben davongekommen sei. Jedoch vertraute
er auf meinen Unternehmungsgeist und die Gnade des Allmächtigen
und behauptete, dass, wenn von irgend Jemand zu
erwarten wäre, ein so gewagtes Unternehmen durchführen zu
können, ich gewiss der rechte Mann dazu sei*).
\yiter Januar.] Wir hatten jetzt den ödesten Theil unserer
Reise hinter uns und nun eine Landschaft betreten,
welche in alten Zeiten grosse und wohlhabende Städte be-
sass, unter' denen Sabratha als ein Glanzpunkt industriellen
Lebens voransteht. Wirklich ist diese Landschaft selbst in
dem gegenwärtigen elenden Zustande des Landes noch mit
kleinen lieblichen Palmenhainen bestreut, die von schönem
Weideland unterbrochen sind. Im westlichen Theile dieser
Küstenzone jedoch, mit Ausnahme der Pflanzung von Soära
selbst, Regen aUe Palmenpflanzungen, wie die von Rikdallye,
Djemll, el MeschTah und Djenän ben Ssib, in ansehnlicher
Entfernung von der Küste, während der Boden hart am Ufer
voll von Ssebcha’s ist und einen höchst einförmigen Charakter
hat. So erstreckt sich die Gegend fort, bis der Reisende
in einer Entfernung von etwa sechzehn Meilen östRch
von Soära einen leichten, von Sandhügeln gebildeten Rücken
erreicht, der die Grenze bildet zwischen der dürren Provinz von
Soära auf der einen und einem begünstigteren Strich Landes
auf der anderen Seite. Dieser gehört schon zum Regierungs-
) Ich will hier nur im Vorbeigehen ein Versehen verbessern, das ich in
meinem früheren Reiseberichte begangen habe, wo ich sagte, dass Soara von
Arabischen Schriftstellern nicht erwähnt sei; gewiss ist es nicht von den berühmteren
älteren Schriftstellern erwähnt, aber doch von Reisenden des vierzehnten
Jahrhunderts.