neigt zu glauben, dass es eine Anordnung sei, welche der
Emir von Sökoto sieb angemasst habe; ich bezweifle dies
jedoch jetzt, wenn ich erwäge, dass selbst der Grossvater
'Abd el Kädiri’s Sultan war, also lange vor der Zeit der religiösen
und politischen Erhebung der Eulbe. Aber selbst
jetzt noch, obgleich das östliche Pullo- oder Fellani-König-
reich als Gesammtmacht seinem Untergange entgegenzugehn
scheint, hat der Emir von Sökoto einen gewissen Einfluss
auf die Wahl des Sultans von Agades. Hiervon war ich
selbst Zeuge, als im April 1853, während meines Aufenthaltes
in jener Stadt, Hämed e’ Rufäy wieder ausgesandt ward,
11m 'Abd el Kadiri zu entsetzen. Ja, Ittegäma, der Bruder
des Letzteren, der glaubte, dass ich in grösser Gunst beim
Emir stände, kam ausdrücklich zu mir; wie ich seiner Zeit
erzählen werde, um mich höchst dringend zu ersuchen, meinen
Einfluss zu gebrauchen, um meinen ehemaligen Wirth
in seine Autorität wieder einzusetzen.
Ich habe schon erwähnt, auf welche Weise die Einheit
oder Vereinbarung der Stämme der I-ti-ssan, Kel-geress und
der Kel-owl bei der Einsetzung des Sultans ausgedrückt wird;
aber während der neue Prinz ohne die Vermittelung der I-tl-
ssan und Kel-geress, welche die Strasse nach Göber beherrschen,
nicht imStande sein würde, seine Residenz zu erreichen,
verbleibt doch die Schlussbestimmung dem alten Häuptling
Annür; die Bewohner der Stadt aber haben gar nichts
dabei zu sagen. In der That, dieser Fürst ist eigentlich
mehr Häuptling der Tuareg-Stämme, der nur seinen Sitz in
Agades hat, als Oberhaupt von Agades. Wie ungemein schwierig
und ungewiss seine Lage sein muss, wird namentlich
recht klar, wenn man in Betracht zieht, dass jene Stämme
gewöhnlich im Streit und offenen Kampf mit einander begriffen
sind. Der Vater Hämed e’ Rufäy’s ward sogar von
den Kel-geress getödtet. Nichtsdestoweniger muss der Einfluss
des Fürsten, wenn er ein intelligenter und energischer
Mann ist, auf dieses wilde Zusammenstossen verschiedener
Interessen und Neigungen höchst segensreich wirken.
Wie hoch sich gegenwärtig die Einnahme des Sultans belaufen
möge, ist schwierig zu sagen. Seine hauptsächliche *
Einnahme besteht in den Geschenken, welche er empfängt,
wenn er seine Würde antritt; ausserdem in dem Tribut einer
Ochsenhaut j— „kuläba” — von etwa dem Werthe eines halben
Spanischen Dollars von jeder Familie; in einem bedeutenderen,
aber auch weniger sicheren Tribut, der den Imrhäd
auferlegt ist; ferner in der Steuer von zehn Mithkäl oder
vier : Spanischen Dollars von jeder Kameefladung Waare,
die nach Agades hineingebracht wird*), während Lebensmittel
steuerfrei s i n d i n einem kleinen auf das von Bilma
in so ungeheuerer Menge durchgeführte Salz sowie auf alle
das Land passirenden Waaren gelegten Transitzoll; endlich
in den Geldstrafen, welche von Raubzüglern und Ruhestörern,
oft sogar von ganzen Stämmen, eingetrieben werden.
So ist es sehr wahrscheinlich, dass der Kriegszug, welchen
Abd el Kadiri sofort nach seiner Einsetzung gegen jene Stämme
unternahm, welche uns geplündert hatten, ihn ansehnlich bereicherte.
Die' Bewohner von Agades bezahlen ihm, wie
mir versichert wurde, gar keine Abgabe, sind aber dagegen
verpflichtet, ihn auf seinen Heereszügen zu begleiten.
Gewiss übertraf in früheren Zeiten, als der Handel der
Stadt so viel bedeutender war, und als die Imrhäd, welche
ihn mit Rindvieh, Korn, Früchten und Gemüse zu versehen
hatten, in strengerem Gehorsam gehalten wurden, seine Einnahme
bei weitem die gegenwärtige, die, Alles berücksichtigt,
sicherlich nicht die Summe von 20,000 Spanischen Thalem
erreicht. Sein Titel ist „amanökal” oder „amanökal imakö-
*) Der Tribut der Kaufleute scheint auch zu Leo’s Zeit den bedeutendsten
Theil der Einnahme gebildet zu haben: „riceve il re gran rendita delle gabelle
che pagano le robe de' forestieri."