- Etwa 50 Schritt von der . Südwestecke der Moschee sieht
man noch den Stumpf eines älteren Thurmes, welcher immer
noch zu einer ansehnlichen Höhe sich erhebt, aber eine so
schräge Lage hat, dass der berühmte Thurm von Bologna
dagegen zurücktritt; es ist demnach zu erwarten, dass er in
wenigen Jahren den Angriffen des Sturmes und Regens unterliegen
wird. Dieser Thurm scheint ganz getrennt von
der Moschee und ohne Verbindung mit derselben gestanden
zu haben.
Nachdem ich die äussere Erscheinung des Thurmes genügend
in Augenschein genommen und in leichten Umrissen gezeichnet
hatte, begleitete ich meinen ungeduldigen Gefährten
in das Innere der Moschee, wohin er mich zu führen durchaus
kein Bedenken trug. Der niedrige Bau des Gebäudes
hatte mich schon von aussen in Erstaunen gesetzt, aber ich
wurde noch mehr betroffen, als ich im Innern sah, dass es
aus niedrigen, engen Schiffen bestand, welche durch Pfeiler
von enormer Dicke getrennt wurden. Den Grund zu dieser
Bauart kann man gegenwärtig nicht recht einsehn, da die
Pfeiler nichts als ein Dach zu tragen haben, welches aus Düm-
brettern, Matten und einer Schicht Lehm besteht. Ich kann
indess kaum daran zweifeln, dass das Gebäude ursprünglich
nur das Unterschoss oder die Gewölbe eines grösseren,
entweder gar nicht ausgeführten oder verfallenen Gebäudes
gewesen ist, da dies aus Allem, was gegenwärtig
noch von der Moschee erhalten ist, unverkennbar hervorgeht.
Diese düsteren Hallen waren in eine traurige Stille versenkt,
welche nur durch die Stimme eines einzigen Menschen unterbrochen
wurde. Er sass auf einer schmutzigen Matte an der
westlichen Mauer des Thurmes und las eifrig in den zerrissenen
Blättern einer Handschrift. Wir traten an ihn heran
und begrüssten ihn sehr ehrerbietig. Es war der Kadhi.
Er erwiederte unsere Grüsse nicht eben in der freundlichsten
Weise, namentlich den meinigen nicht; auch las er dabei
ruhig weiter und richtete kaum die Augen vom Blatte
auf. Hamma bat ihn hierauf um die Erlaubniss, den Thurm zu
besteigen, erhielt aber eine einfach und entschieden verneinende
Antwort: die Sache sei unmöglich, da der Thurm keinen
Eingang habe; der frühere Eingang sei der Kel - geress
wegen, die den Thurm in grösser Anzahl, bestiegen hätten,
verschlossen worden. Missvergnügt über sein unhöfliches Benehmen
und einsehend, dass er entschlossen sei, uns die Erlaubniss,
selbst wenn es möglich wäre, nicht zu geben, gingen
wir fort und warteten dem Imam auf, welcher in einer
Räumlichkeit wohnt, die in diese Gewölbe eingebaut ist.
Augenblicklich sah dies Kellergewölbe ein wenig besser aus,
weil es vor Kurzem neu geweisst war. Der Imam hatte indess
keinen Einfluss, um uns bei unserem Vorhaben zu unterstützen,
und bestätigte vielmehr die Angabe des Kadhi.
Ich habe schon oben auf die mir wenig geneigte Gesinnung
des Kadhi angespielt. Sie war leicht erklärlich bei
einem Manne,. der seinem Glauben treu ergeben war und mich
für einen ketzerischen Eindringling betrachtete. Jedoch schien
er überhaupt nicht eben ein wohlwollender Mann zu sein.
Seine Missgunst war jedenfalls ein höchst unglücklicher Umstand
für mich, da er gerade der Mann gewesen wäre, mir
die Auskunft zu geben, deren ich bedurfte. Denn er besass offenbar
einen gewissen Grad von Kenntniss, während ich sonst
keinen anderen Eingeborenen der Stadt traf, der in der Arabischen
Literatur auch nur leidlich bewandert gewesen wäre;
ja nur Wenige wären überhaupt fähig,- etwas Arabisch zu
sprechen. 'Abd-Allah war, wie schon erwähnt, ein Tauäter.
Sonst verdanke ich den kleinen Grad von Einsicht, den ich
in das höhere Leben dieser Gegenden gewann, der Freundschaft,
die - ich so glücklich war mit den gelehrtesten und
gerade in der Religionsübung selbst am höchsten stehenden
Männern anzuknüpfen, wie dem Fäki Sambo in Mäsena, Abd