XL KAPITEL.
Der hohe Bergrücken und die tiefe Thalspalte. Die offene Wüste und das
erste schönere Thal.
Es war ein überaus erfreuliches Gefühl, als ich mich nach
unserem trübseligen Aufenthalte in Rhät am Morgen des
26sten Juli abermals im Sattel fühlte und von dem hohen
Rücken meines stolzen Meheri herab einen letzten Scheideblick
auf das liebliche Bild der Oase warf.
Etwa zwei Meilen südlich von der Stadt ist ein vorgeschobener
Sporn der Pflanzung Namens Tim-egaue mit einigen
vereinzelten Hütten am südlichen Ende. Nachdem wir diesen
hinter uns gelassen, erreichten wir die bedeutende Pflanzung
von Iberke. Sie ist in zwei Gruppen getheilt, zwischen denen
wir uns entlang hielten, jedoch näher am Rande der
westlichen Pflanzung hinziehend, die aus dichten Gruppen besteht,
während die östliche dürftiger und lichter ist. - Diese
Pflanzung soll noch zur Stadt Rhät gehören, sie ist aber nur
durch einen geringen Zwischenraum von dem ersten kleinen
Haine Bärakats getrennt *). Dieser wiederum ist von dem
grösseren Hauptwäldchen durch einen offenen Platz ge1
schieden, auf welchem im verflossenen Jahre Waizen gebaut
worden war. Der dichte Palmenhain zur Rechten entzog un*)
Ich gestehe, dass ich über das Verhältniss der Namen Iberke und B4-
rakat nickt ganz sicher bin. Man könnte meinen, dass die Imoschark die
Form Iberke für die andere gebrauchen.
seren Blicken das kleine Städtchen Bärakat, das amFusse einer
sandigen Anhöhe liegt, die sich von N. nach S. erstreckt. Nur
dann und wann gewannen wir durch die offeneren Stellen im
Haine einen Blick auf diese letzte städtische Siedelung vor
dem. Eintritt in die grosse Wüste, die Central- von Nord-
Afrika scheidet.
Wir waren auf einen starken Tagemarsch vorbereitet. Nicht
nur die Tinylkum, die, wie der Leser sich erinnern wird, mit
u n s e r e m Gepäck voraufgezogen waren, hatten schon vor mehreren
Tagen Arikim verlassen, sondern auch die kleine Kel-
owi-Kafla, mit der wir übereingekommen, dass sie uns Schutz
und Gesellschaft auf der Strasse leisten solle, hatte schon
einen bedeutenden Vorsprung vor uns. Unser Erstaunen war
demnach nicht gering, als wir plötzlich Halt machen sahen,-
um in der Nähe der vereinzelten Palmbäume an dem äusser-
sten östlichen Ende der Pflanzung zu lagern. Utaeti, der
uns den ganzen Weg von. Rhät aus zu Fuss begleitet hatte,
wählte den Lagerplatz. Herr Richardson, welcher, zurückgehalten,
erst später ankam, war gleich uns erstaunt, als er uns
zu so früher Stunde- gelagert fand. Unsere Kameele aber
waren im höchsten Grade einer guten Fütterung bedürftig.
Denn anstatt dass sie während unseres Aufenthaltes in Rhät
auf die reichste Weide hätten geführt werden sollen, um
neue Kräfte zum bevorstehenden langen Marsche zu sammeln,
konnte kaum ein Zweifel sein, dass sie von unseren Freunden,
den Tuaregs, zur Arbeit benutzt worden waren.. Hier
umher nun war eine reiche Fülle von „aghül” — Hedysarum
Alhajji — neben dem „hhäd” entschieden das nahrhafteste
Futter für das Kameel. Nur so konnten wir uns erklären,
warum wir hier lagerten, da beide, Hatita und Utaeti, uns
wiederholentlich vor den zahlreichen Dieben in Bärakat gewarnt
hatten.
Gegen Mittag besuchten uns mehrere Hogär, die einiger-
massen lästig wurden, aber‘bei weitem nicht in dem Grade,