Der Kadhi oder Alkali. 449
schworen, dass es kein gestohlenes Thier sei. Nachdem der
Fall von beiden Seiten gehört worden, entschied der Richter
für Wä-n-sseres. Die Unterhandlung wurde ganz in der Te-
mä-schirht-Sprache oder vielmehr in dem Uraghiye-Dialekt
geführt. Diese Angelegenheit war kaum entschieden, als eine
andere Partei kam, und während ihre Sache verhandelt wurde,
verliessen wir das Innere des Hauses und setzten uns in dem
Schatten einer Art Veranda nieder, die, mit Matten überdeckt
und von langen Stangen getragen, vor dem Hause errichtet
war. Wir hielten es jedoch für besser, nicht zu lange
zu bleiben, und nahmen Abschied vom Kadhi, der an meiner
Gegenwart nicht eben grosses Vergnügen zu finden schien
und auch später keine freundliche Gesinnung gegen mich
an den Tag legte.
Da meine trägen Gefährten nach Hause zu gehn wünschten,
bewog ich glücklicherweise Mohammed, trotz vielen Widerredens
von seiner Seite, mit mir einen Gang durch den Süd-
theil der Stadt zu machen, da es unverständig von mir gewesen
wäre, mich allein in diesem verlassenen Quartier umherzutreiben,
wo ich leicht in irgend eine Unannehmlichkeit
verwickelt werden konnte.
Ich war nämlich hier in Agades ganz ohne den Beistand
eines Dieners. Amankei war vom Guineawurm gänzlich gelähmt
und Mohammed der Tunesier hatte, da er mich allein
in der Mitte einer fanatischen Bevölkerung wusste, einen
solchen Grad von Unverschämtheit erreicht, dass ich ihn
ganz aufgegehen hatte.
Indem wir die „fäda” zur Rechten liessen, wandten wir uns
zuerst nach Westen zur Stadt hinaus durch die „Köfa-n-Al-
käli” ; denn hier haben die Mauern, welche an der Ostseite
der Stadt gänzlich verfallen sind, noch einen gewissen Grad
von Höhe bewahrt, obwohl man an vielen Stellen leicht über
sie hinüberklettern könnte. Beim Austritte aus dem Thore
ward ich von dem verödeten Charakter der Gegend auf die