auseinander standen. Der innere Raum des obersten Stockwerkes
misst 6 Meter 7 Centimeter in der Länge, innerhalb
der Mauern. Gewiss ist dies Denkmal, obgleich mehr massenhaft
als schön, ein vollgültiger Beweis von dem ehemaligen
Reichthum des Distrikts. Ihm gegenüber, auf einer
Kalkliöhe von ansehnlicher Erhebung, sieht man einen anderen
gut erhaltenen „cromlech” oder Pfeilerjoch, in der Nähe
anderer Ruinen. In der Senkung an der Südostseite der
Burg sind sechs tiefe und breite Brunnen in den Felsen gearbeitet.
Hier verliess mich Overweg und • ich setzte meine Reise
durch gut angebautes Land allein fort, bis ich ein Lager
der Ueläd Bü-Seilern erreichte, wo wir unser Zelt aufschlugen.
In diesem Lager traf ich einen Verwandten des Hadj
Abd el Hhädi el Meräiet, welcher einstmals Herr des halben
Distrikts von Tar-höna gewesen, aber von den Türken gefangen
genommen und nach Konstantinopel gesendet worden
war. Auch er erschien als eine der Hauptpersonen im letzten
Jahre wieder auf der Bühne.
[Mittwoch, 2 0 *tm Februar.] Die Gegend blieb flach bis
an die Kapelle des Sidi Ali ben Salah, welche, da sie auf
einem Hügel gelegen, im Umkreise: mehrerer Meilen sichtbar
ist. In geringer Entfernung von dieser Kapelle sah ich die
Ruinen einer Burg, aus grossen Quadern erbaut, die von älteren
Gebäuden genommen waren. Sie misst 42 Fuss in’s
Gevierte und zeigt einige schlechte, aber merkwürdige Skulpturen,
unter anderen einen Esel in erhabener Arbeit. Rund
umher liegen die Ruinen eines kleinen Dorfes, und auch ungeheuere
flache Steine von ähnlicher Bearbeitung wie die oben
beschriebenen; aber keine aufrecht stehenden Pfeiler sind zu
sehn.
Hinter der Kapelle des Heiligen wurde die Landschaft
hügeliger, und nach einiger Zeit betraten wir eine kleine
Schlucht — einen „barranco”, — welche in’s Wadi Gedaera
einmündet. Hier sah ich die Reste von drei grossen, mächtigen
Deichen, welche die Schlucht in der Entfernung von etwa
1200 Schritt von einander durchschneiden. Sie waren aus
kleinen Steinen gebaut und hatten ohne Zweifel den Zweck,
das Wasser von dem niedrigeren Theile des Thaies abzuhalten.
Weitere 1200 Schritt unterhalb des innersten Deiches
breitet sich die Schlucht zu einer schönen, grünen, freien
Thalebene aus, welche sich von Westen nach Osten erstreckt
und mit mehreren Brunnen versehn ist. Ein vereinzelter Hügel,
welcher in der Mitte dieser Thalebene aufsteigt, wird
von einer alten Feste, Namens Kasr Dauän, gekrönt. Diese
ist theilweise mit älterem Material, aus Quadern, theilweise
aus kleinen Feldsteinen gebaut und stammt wahrscheinlich
aus derselben Zeit, als die Deiche. Die ganze Thalsohle ist
mit. Ruinen bestreut, und ein bedeutendes Dorf scheint rund
um die Burg umher einst sich ausgebreitet zu haben; wo
der Boden frei von Ruinen, ist er mit Blumen, besonders
Ranunkeln, bedeckt.
So bildete das Ganze eine überaus interessante Stätte, zu
der leider nur der lebendige Kommentar der Geschichte
fehlte, um sie ebenso interessant zu machen, als irgend eine
der Burgen am Rhein oder an der Lahn, und dies ist der
Mangel, der eine Beschreibung dieser Gegend einförmig erscheinen
lassen muss. Denn wo ist je mehr Ritterlichkeit
gewesen, als unter den kleinen Arabischen Raubfürsten des
dreizehnten Jahrhunderts? Ist nicht erst von ihnen der
wahre Begriff der Ritterlichkeit —s „fatüa” ■— zu den christlichen
Völkern übergegangen? — Der jetzige Zustand des Landes
ist der Art, dass die Eingeborenen sich ganz von freier
Mittheilung zurückziehn und Jeden mit Misstrauen betrachten,
der unter dem Schutze ihrer Zwingherren das Land besucht.
Jedenfalls sehn wir, dass Kasr Dauän der Sitz eines
Ritters war, der Energie und Vorsicht genug besass, um sich
eine kleine wohlgefällige Herrschaft zu gründen.