4 2 II. Kapitel.
wo es einen freundlichen Bach bildete. Wir schlängelten uns
dann ein enges Thal entlang, welches mit Halfagras und
Sidderhäiunen bewachsen war. Indem wir uns hier von unserer
Richtung ahwandten, folgten wir der Strasse nach Ki-
Ma, um einen Blick auf jenen Bezirk zu werfen, der durch den
im letzten Kriege von den Einwohnern den Türken geleisteten
Widerstand berühmt geworden. Das Thal wurde bald von Oli-
venbäumen geschmückt, welche allmählich eine schöne, wohlgepflegte
und gut bestellte Pflanzung bildeten. Der steinige, nicht
für Kombau geeignete Boden weist die Bewohner auf Baumzucht
hin, die denn auch ihre Hauptbeschäftigung ist. Der
Berggau von Kikla enthält die folgenden Dörfer, welche vom
letzten Kriege sehr gelitten haben, da eine grosse Anzahl Menschen
hingeschlachtet und ihre Wohnungen von den Türken
zerstört wurden: Bü-Djäfet, Amsslr, UelädBü-Ssiri, ElAbeiyät,
Ueläd Müssa, Ueläd Naam, Ueläd Amrän, Khurfa, UeladSsi Ammer,
El Chodhür, Nssü, Takban, Ueläd Säid, Godjüa, aus vier
einzelnen Dorfschaften bestehend, nämlich: Djendüba, Uelad
Bü-Mussi, Messeida, El Eratssa, Schaesch, Negur und El
Machrüg. Mehrere dieser Dörfer konnte man in kleinen Senkungen
oder an den Abhängen von Schluchten liegen sehen,
aber sie hatten eher ein melancholisches Ansehen, und wir
kehrten nach kurzem Verweilen auf diesem von Blut getränkten
Boden in unsere östliche Richtung zurück, gegen Rabda zu.
So erreichten wir bald den Abfall der Hochfläche in den
tiefen und grossen Einschnitt, Wadi Rabda genannt, und gewannen
einen interessanten Blick über diese weite Thalspalte.
Zur Linken war der Abhang in eine Anzahl verschiedener Kegel
und Berge zerrissen, unter welchen die Tahhona, „die
Mühle”, genannte Kuppe (so benannt, weil früher auf ihrem
Gipfel eine Mühle gestanden), wegen ihrer anmuthigenForm be-
merkenswerth ist. Vor uns bildete nun der Abhang eine steile,
fast senkrechte Wand von Kalkstein; auf einem Ausläufer
derselben, und zwar in einer beherrschenden Lage, liegt das
Dorf Djäfet, zu beiden Seiten von tiefen Schluchten eingeschlossen,
die sich in das Thal hinabsenken und den Ort mit
einer natürlichen Befestigung umsäumen. Hier fingen wir an,
abwärts zu steigen, was des schwierigen Pfades wegen eine
ganze Stunde in Anspruch nahm. In der Mitte (jes Abhanges
passirten wir eine Gypsbrennerei; denn eine starke Lage
Gyp? liegt hier unter dem Kalkstein. Endlich erreichten wir
das Zweigthal, welches in das Haupt-Wadi an der Westseite
einmündet. Es hat einen anmuthigen Charakter, da einzelne
Dattelpalmen ihm Zierde verleihen; der gefällige Eindruck
ward noch erhöht, indem die prachtvoll geformten Abhänge
und Kegel des Tahhöna eben von den verschiedensten Lichtern
und Schattirungen der sich hinter der gegenüberliegenden
Bergreihe hinahsenkenden Sonne beleuchtet wurden.
Der Boden ist ein äusserst fruchtbarer Mergel, trug aber
hier wenigstens keine Spuren von Anbau. .Allmählich traten
wir in das Hauptthal ein, eine höchst imposante, breite Berg-
öffnung, welche in Urzeiten -die Wasser in der Abdachung
des Plateau’s gerissen haben mögen. Ihr oberer Theil heisst
Wadi Kerdemln, der untere Wadi Ssert. Die Thalspalte könnte
eine der reichsten Stätten sein, von der Industrie des Menschen
verschönert; aber jetzt herrscht hier nur traurige Ode
ohne eine Spur von Kultur, mit nicht einem einzigen Baume.
Haifa ist die alleinige, monotone Bekleidung des Bodens.
Während die östliche Eingrenzung durch eine senkrechte
Felsenwand von etwa 1500 Fuss Höhe gebildet wird, auf deren
Rande das Dorf Misga liegt, besteht die westliche aus einer
Gruppe Berge und Felsen, unter welchen ein schwarzer Kegel
Herrn Overweg’s Aufmerksamkeit rege machte. Er ergab
sich bei der Untersuchung als reiner Basalt, in Platten zerklüftet
und mit Olivin untersetzt. Der rüstige Geolog sammelte
mehrere Proben, von denen einige mit Kalk zusammengekittet
waren. Jenseits dieses bemerkenswerthen Kegels,
der gewisse Anzeichen vulkanischer Thätigkeit an sich trug,
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