Reise oft Gelegenheit gehabt, mich zu überzeugen, dass
dies jetzt nicht mehr der Fall ist. Den Grund, wesshalb
dieser Gebrauch abgekommen ist, kann ich nicht angeben;
möglich, dass er in dem gefährdeten und unsicheren Zustande
der Strasse zwischen Sokoto und Kanö liegt. Mohammed
Boro, der frühere sserki-n-turaua, besitzt noch jetzt je ein
Haus in Kanö und in Sinder sowohl, als in Sokoto und Agades.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass der sserki-n-turaua
gegenwärtig mehr mit den Tuareg und den Fulbe,“als mit
den Arabern zu thun hat und zu gleicher Zeit eine Art von
Vermittler zwischen Agades und Sokoto is t
Von den übrigen Personen, welche mit dem Sultan in Beziehung
stehn, dem „ko - keu keina” oder „bäba - n - sserki”,
dem ersten Eunuchen, gegenwärtig Amagei oder Maggi, und
von den „fadaua-n-sserki”, den Adjutanten des Sultans, sowie
von dem Kadhi oder Alkali und dem Kriegshäuptling
Ssidi Rhalli, habe ich schon im Tagebuch meines Aufenthalts
in Agades gesprochen. Ich will nun noch wenige Worte über
die Quartiere der Stadt, die Bevölkerung und die Marktpreise
sagen und werde dann mit einer allgemeinen Bemerkung
über die Lage der Stadt diesen Abschnitt schliessen.
Ich habe schon angeführt, dass der südliche Theik der
Stadt, der jetzt fast ganz verlassen ist, das älteste Viertel
bildet, während Katanga — „baki-n-bimi” — die nördliche
Grenze der Altstadt gewesen zu sein scheint. In dieser Umgrenzung
hatte die Stadt etwa 2 Meilen im Umfange und
konnte, wenn sie dicht bewohnt war, leicht 30,000 Einwohner
umfassen; nachdem aber das nördliche Viertel hinzugekommen
war, hatte die ganze Stadt einen Umkreis von etwa
3 2 Meilen, und kann leicht 50,000 Bewohner - gehabt haben
oder selbst eine grössere Anzahl. Ihre höchste Blüthe scheint
die Stadt vor der Eroberung durch Mohammed ’(Askia im
Jahre 1515 erreicht zu haben; trotzdem soll sie noch bis
vor 60 Jahren ein bedeutender und wohlhabender Ort geAllgemeines.
Agades. 519
wesen sein, wenn man vom Jahre 1850 zurückzählt. Damals
aber, heisst es, habe sich der grösste Theil der Bewohner nach
den Nachbarstädten von Haussa, namentlich nach Katsena,
Tessaua, Marädi und Kanö, übergesiedelt. Die genauen
Umstände, welche zu dieser bedauerlichen Auswanderung und
zur Verödung der Stadt führten, sind jetzt nicht mehr zu
erforschen; die Epoche dieser Begebenheit kann nicht mit
der Zeit der grossen Revolution, welche im mittleren Sudan
durch das Auftreten des Djihädi oder des Reformators Oth-
män da - n - Födie hervorgerufen wurde, in Einklang gebracht
werden. Sie geht dieser Begebenheit um den Zeitraum von
fünfzehn Jahren vorher, aber sie trifft zusammen mit einer
anderen wichtigen Begebenheit oder folgt ihr in kurzem Zwischenraum.
Dies Ereigniss, das ich ausführlicher im weiteren
Verlauf meiner forschenden Wanderung darzustellen habe,
ist die Eroberung Gäo’s oder Gögo’s durch die westlichen
Imöscharh oder die sogenannten Tuareg. Die alte blühende
Hauptstadt des Sonrhay-Reiches war schon im Jahre 1591,
nach der Einnahme durch den Baschä Djödar, zu einer Provinzialstadt
des Kaiserreiches des Westens (Marokko) herabgesunken
und der Goldhandel musste damals nothwendig
seinen Weg direkt vom Issa nach dem Westen nehmen. Dies
eben war die wunderbare Quelle des plötzlichen Reichthums
Mulay Hämed’s, des mächtigen Herrschers des Westens, über
den man selbst in Europa erstaunte. Da, wie wir ge-
sehn haben, Agades entschieden als eine Niederlage des
ausgedehnten Handels mit diesem blühenden Markte am
grossen westlichen Strome gegründet wurde, so musste schon
diese Begebenheit die nachtheiligsten Folgen für das rege
Leben und den Wohlstand von Agades haben. G&o aber,
obgleich zur Provinzialstadt herabgewürdigt, lebte fort und
unterhielt gewiss auch seinen Verkehr mit Ghadämes und
Egypten. Die gänzliche Zerstörung der Stadt aber durch
die Tuareg am Ende des vorigen Jahrhunderts musste auch