höher, noch ein zweites Becken, das allerdings nicht mehr
als den halben Durchmesser des unteren hatte, jedoch gleichfalls
von grösser Tiefe war. Bei starken Regenfällen bildet
sich nun von dem einen Becken zum anderen, den Felsabhang
hinunterstürzend, ein Wasserfall. Der ungewohnte Anblick
einer solchen Erscheinung muss dieser Stätte einen überaus
erfrischenden Anblick gewähren, wie er denn den Reisenden
dieser Gegenden von den unermesslichen Sandwüsten, die
er hier zu finden erwartet, in die liebliche Region der Alpen-
see’n zurückversetzen könnte.
[Sonntag, 28sten- J ulii\ Wir traten bald zum Thale hinaus
in eine Landschaft von sehr unregelmässiger Bildung, welche
indess hinreichende Fülle von' Graswuchs, vorzüglich ssebot,
für zeitweilige Niederlassungen oder Lagerungen der Imrhäd
darbietet. Sehr schöne Esel und Ziegen gaben den Beweis,
dass das Land nicht unbewohnt sei; ja Einige unserer Kafla
erblickten selbst die Hüter dieser Thiere, in Lederschurze
gekleidete Schwarze. Es ist eine eigenthümliche Erscheinung,
dass gewöhnlich am unteren Theile der Abhänge der Felsklippen
und Wände, welche an allen Seiten aufsteigen —
die an der östlichen Seite mehr senkrecht, die an der westlichen
dagegen mehr als vertikale Kuppen — grosse Sandmassen
sich ansammeln, welche, wie der Fall im oberen
Nilthale gewesen, geeignet sind, den Reisenden vermuthen
zu lassen, dass die ganze höhere Fläche mit Sand bedeckt
sein müsse und dieser von da heruntergetrieben sei; dem
ist aber durchaus nicht so.
Ich hatte diesen Morgen eine lange Unterredung mit Abd
el Kader, dem Tauäter, welcher bis Rhät mit der von Mekka
heimkehrenden Pilgerkafla gekommen war und sich dort
mit noch einem Gefährten den Kel-owTs angeschlossen hatte,
um nach Agades zu gehn. Er- war ein munterer Gesell von
lichter Farbe und angenehmem Äusseren, aber einäugig, da
er eines seiner Augen in einem Streite eingebüsst hatte. Er
war ungemein stolz auf sein langes Gewehr mit gutem
Englischen Schlösse. In seiner Jugend hatte er den „Rais”
(Major Laing) in Tauät gesehn und hatte eine gewisse Vorstellung
vom Treiben der Europäer, namentlich der Engländer.
Er bestätigte meine Meinung, dass nur die Ghurära
die Senatiye-Sprache reden und zu der Berberrasse gehören,
aber die Bewohner der südlichen Bezirke Tauäts fast ausschliesslich
Arabisch sprechen. Es sind indess viele Neger-
Familien von alter Zeit her in Tauät ansässig, namentlich
von der Pullo- (Fellatah-) Rasse. Dies ist eine interessante
Thatsache, auf die ich im weiteren Verlauf der Beschreibung
meiner Reisen ausführlicher zurückkommen werde. Gewandt
und thätig, wie dieser Bursche war, zeigte er sich
doch nicht sehr galant; er liess nämlich seine junge Sklavin,
welche die Funktionen einer Beischläferin, Köchin und
Dienerin in sich vereinigte, den ganzen Tag zu Fusse gehn,
während er selbst fast immer ritt.
Kurz nach Mittag lagerten wir im Winkel der Einbucht
des Thaies, am Fusse der ansehnlich ansteigenden steilen
Felsklippen, welche wir am folgenden Tage zu erklimmen
hatten. Das Thal war dicht mit ssebot bewachsen und mit
einigen Talhabäumen, den stereotypen Begleitern der Wüstenlandschaften,
geziert.
[Montag, 2.9‘ten Juli.] Wir fingen unser beschwerliches
Tagewerk früh am Morgen an. Der Pfad schlängelte sich
zwischen abgelösten Felsblöcken hindurch an einem steilen,
jähen Abhange hin und erwies sich bei weitem beschwerlicher,
als der Pass des Ghuriän. Mehrere Ladungen wurden von
den Kameelen abgeworfen, und das Boot erhielt einige furchtbare
Stösse, die. es sehr bedeutend müssten beschädigt haben,
wenn es nicht aus Mahagoniholz gebaut gewesen wäre. Alles
war röthlicher Sandstein, der dann und wann von grünlichem
Mergelschiefer unterbrochen war. Fast 2 Stunden
brauchten wir, um den Anstieg zu bewältigen, und erhiel