sen ist; aber kein Krautwuchs zeigt sich, wahrscheinlich weil
der Boden zu hoch und steinig ist. Yon demselben Charakter
war auch unser Lagerplatz, der ehen nicht viel Erfreuliches
hatte; im Kücken ward er von wild aufgethürmten
.Massen von Granitblöcken geschützt.
Bisher hatten wir eben noch nicht viel Ruhe und Sicherheit
genossen und fühlten hier deren Mangel um so empfindlicher,
als unsere Kameeltreiber nur bis zu diesem Punkte gemie-
thet waren. Wir hatten also nun für all unser Gepäck seihst
Sorge zu tragen. Ein grösser Haufe Volks liess sich im
Laufe der Nacht rings umher mit schakalähnlichem Geheul
vernehmen und wir mussten sie von unserer Wachsamkeit
durch wiederholtes Schiessen überzeugen. Trotzdem fürchteten
wir ernstlich und mit Recht für unsere Kameele, die
nach einem entfernten Platze zur Weide geführt worden waren,
da in der Nähe unseres Lagers kein Futter für sie zu
finden war. Überdies waren wir genöthigt gewesen, die
Thiere den Kel-owi anzuvertrauen, da unsere eigenen Diener
unfähig waren, sie zu schützen. Da es nun den Freibeutern
gelungen war, die Kameele nach allen Richtungen hin zu
zersprengen, hatten unsere Freunde am Abend weder ihre
eigenen, noch unsere Thiere zusammenbrmgen können, und
während der Nacht wurden alle weggetrieben, und zwar, wie
wir nachher erfuhren, von den Meräbetm seihst, die -uns doch
so wiederholt versicherten, dass wir jetzt nichts mehr zu besorgen
hätten, da wir in ihrem Schutze ständen.
[Donnerstag, 29sten August.] In den Briefen, welche wir
heute von diesem Platze aus mit einer Karawane Araber und
Kel-owi, deren grösster Theil schon vorausgezogen war, nach
Europa sandten, konnten wir noch keine sehr befriedigenden
Nachrichten von uns gehen. Wir hatten indess einen gros-
sen Schritt vorwärts gethan und durften hoffen, dass wir
auch die übrigen Schwierigkeiten besiegen würden, um so
mehr, als wir uns nun mit dem Häuptling Annür in Tintellust
in direkten Verkehr setzen konnten und erwarten durften, von
ihm in kurzer Zeit eine Schutzbegleitung, die uns sicher zu
ihm geleiten würde, zu erhalten.
Da uns einige von den Kameelen wieder zurückgegeben
worden waren, obwohl noch fünfzehn fehlten, konnten wir am
nächsten Tage diesen unbehaglichen Platz verlassen. Wir
liessen indess das Boot und einige andere Sachen, die dadurch,
dass sie für Niemand als uns .selbst Werth hatten, eine gewisse
heilige Unverletzlichkeit besassen, hier zurück.
Das frohe Gefühl, das uns beseelte, vorwärts zu kommen,
ward noch gehoben durch den Charakter des Thaies selbst,
das hier den Namen Era-ssa oder vielmehr Erhäsar zu haben
scheint *)• Einige kleine Kunstfelder mit frischer, hochstehender
Saat von Negerkorn boten dem aus der Wüste
kommenden Reisenden einen belebenden Anblick dar und gaben
ihm die beste Versicherung, dass er nun eine fruchtbare,
anbaufähige und angebaute Gegend betreten habe. Diese
Felder werden von einer Art Brunnenzieher von höchst einfacher
Bauart — „chattära”igf- bewässert. Eine blosse Stange
mit einer langem Querstange, an welcher ein Ledersack befestigt
ist, bildet die ganze Einrichtung. Etwas weiter hin ist
das Thal mit schönen, sich weit aushreitenden Büschen der
Ahisga oder Capparis bewachsen, aber bald verengte es sich
*) „Erhasar” ist ein allgemeiner Begriffsname, der „Thal" bezeichnet; hier
aber scheint cs dies besonders ausgezeichnete Thal als Eigenname zu bezeichnen.