Gerade an der Stelle unseres Lagers änderte dieser westliche
Arm seine Richtung in eine ostwestliche, nachdem er bis
dahin, im oberen Laufe, von NW. nach SO. gezogen. Das
Thal zieht sich nach der Vereinigung von Nord nach Süd und
verliert für einen Augenblick beinahe den Charakter eines
Wadi oder Eräsar, indem es sich über kiesigen Boden erstreckt.
Bald aber wird es wieder wohl eingegrenzt und mit schönen
Gruppen von Talhabäumen geschmückt. An einigen Stellen
zeigte es auch das Bett eines Begenbaches von nicht weniger
als 8 Fuss Tiefe und noch feucht. In der Nähe der
Höhle eines Schaafhirten fand ich einen üppig aufgeschossenen
Baum und überliess mich, in seinen Schatten mich hinstreckend,
meinen Gedanken über die Vergangenheit dieser
Gegenden, einst die mehr begünstigte Heimath einer Neger-
Basse, bis diese von den Berbern aus ihrem Besitzthum verdrängt
wurde, die wiederum das Kameel, das jetzt ganz und
gar mit ihrer Existenz verschmolzen is t , erst von den Arabern
angenommen haben.
Aber heute wenigstens wurde dieses Thal noch von mancher
aufmuntemden Scene belebt. Gegen Abend nämlich kam
endlich die Pilgerkaila des Hadj fAbd el Kader an, welche
sich so lange Zeit im Wadi aufgehalten. Sie bildete eine
Scene, welche in der Beleuchtung durch die letzten Strahlen
der eben hinter den Felsriffen verschwindenden Sonne wohl
der Darstellung eines Künstlers würdig gewesen wäre. Das
Thal widerhallte von dem Rufe der Kameeltreiber und dem
Schreien der Thiere, welche sich beiderseits mit gleicher Hast
nach dem Teiche drängten. • Es war ein Glück, dass wir unseren
Vorrath schon geschöpft hatten, da wir sonst nicht
eben klares Wasser erhalten haben würden.
[Sonntag, 7*»» Juli^\ In Folge des Verlaufens unserer Ka-
meele bis auf eine weite Entfernung vom Lagerplatze brachen
wir erst zu später Stunde auf und liessen trotzdem die Tuareg
Häuptlinge noch hinter uns. Sie wünschten nämlich ein
Geschäft mit den Tuati’s in Ordnung zu bringen, und hatten
zu dem Ende ihre schmutzige Reisekleidung mit prächtigen
Kaftanen und Bemussen vertauscht.
Wir erstiegen alsbald das höhere Terrain und zogen auf
demselben hin, indem wir einige trockene, mit .Graswuchs
bekleidete Wasserbetten überschritten, bis wir nach einer
Strecke von etwa 4 Meilen mit einer tief eingeschnittenen
und wild zerrissenen Kluft nach einem anderen Thale hinabstiegen.
Dies war breit und regelmässig, von 150—200 Fuss
hohen Felswänden umgrenzt und reich mit Gras bewachsen;
es führt den Namen „eräsar-n-Haggame”. In der That bildeten
die Gegensätze in den Farben, des hellen Sandes im
Grunde, des dunkelbraunen Sandsteines der umgebenden
Felswände und endlich des mannichfaltigen Grüns der Gräser
und einiger schönen, üppigen Talhabäume, Alles im warmen
Lichte einer südlichen Sonne, e in1 interessantes, erheiterndes
Bild für den Wüstenreisenden. — Seinen Namen hat
das Thal wahrscheinlich von der Gewohnheit der Hogär,
ihre Kameele hier weiden zu lassen.
Indem wir uns in den Windungen dieses Wadi’s, das allmählich
einen sehr grossartigen Charakter annahm, hinschlängelten,
kamen wir an einen Platz, wo es ein anderes
Thal, Namens „aman semmedne”, aufnimmt. Hier lagerten
wir in der Nähe eines herrlichen Talhabaumes, um Hatita
Zeit zu lassen, uns einzuholen.
Dieses Zweigthal erhält seinen Namen von dem „kalten
Wasser”, welches zu Zeiten sich von der Hochfläche herab
ergiesst, und von dessen Fluthen das tief eingeschnittene
Rinnsal unverkennbare Spuren trägt. Es vereinigt sich an
derselben Stelle mit einem anderen ansehnlichen Zweigthal
und mit mehreren kleineren Schluchten.
Als die Sonnenhitze gelinder ward, streifte ich durch das
Thal, und da ich einens-sehr regelmässig mit grossen Bruchsteinen
ausgelegten Kreis bemerkte, welcher der Öffnung eines