Verzweigungen, welche es bildet, umgeben. Die Oase wird
zum grössten Theile von diesem erhöhten Platze aus gesehn,
und der Grund, warum gerade an jenem Punkte erhöhte
Lebenskraft sich äussem sollte, wird klar. Wir kehrten mit
einbrechender Nacht nach unserem Zelte zurück.
Da unser Sintäni-Diener so vielfach von einer alten Burg
mit zahlreichen Skulpturen -zu erzählen wusste, die nicht
eben in grösser Entfernung liegen sollte, beschloss ich, sie
zu besuchen. Ich brach also zeitig am Morgen des 9ten April
auf, von dem Araber und unserem jüngeren SchauSch begleitet.
Vorher hatten wir noch eins unserer Kameele zu
holen, welche in die sandige Thalsohle 3 Meilen südöstlich
von unserem Lager auf die Weide geschickt worden waren.
Es war erst hei dieser Gelegenheit, dass mir der eigentliche
Charakter des Thaies von Misda und 'sein Verhältniss zu
Wadi Söfedjin klar wurde. Dies letztere nämlich erreichten
wir nicht’eher, als bis wir die ganze. Breite der-sandigen
Ebene durchschritten und einen Bergausläufer auf einem Engpass
abgeschnitten hatten. Er heisst „Churmet Bü-Matek”
und war ungefähr 8 Meilen von unserem Lager entfernt.
Auf dieses berühmte Thal, dessen Ruf schon zu El Bekri’s
Zeit im elften Jahrhundert seihst bis nach Ändalus gedrungen
war*), beziehn sich die wohlbekannten Verse der Araber:
räs-ha e’ ttln % merdjln
ü uost-ha basin
ü ghärha ädjln,
auf die Feigen- und Olivenbäume anspielend, welche seinen
oberen Theil schmücken (dass es vom Gebiete der Erhebät,
i \ Tagereise jenseit Sintän herkomme., scheint übertrieben),
ferner auf die Gerste, welche in seinem mittleren, und auf
*) El Bekri in Notices et Extraits, tom. X I I , p . 453, verglichen mit der
Beschreibung des Scheich e’ Tidjäni im Journal Asiatique, série V, tom. I,
den Waizen, der im unteren Theile bei Tauargha gebaut
wird.
In der That scheint dies . Thal einen besseren Zustand zu
verdienen, als den, in welchem es sich jetzt befindet. Denn
als wir nun in demselben entlang zogen, wo es die Richtung,
von S20W. nach :N 2 0 0 . verfolgt, passirten wir Häuserruinen
und Bewässerungsrinnen, und der Boden trug unverkennbare
Spuren früheren Anbaues, Mit Interesse hörte ich
den Erzählungen des Sintäni zu, der mir berichtete, dass
das Thal eine vorzügliche Art' Gerste hervorbringe, und dass
die Güntarär sowohl als die Stämme der Sintän : seine
Landsleute — und die Ueläd Bü-S sa e f'mit gegenseitiger
Eifersucht seinen Anbau betrieben: In früheren Zeiten wer
nigstens habe um den Besitz des Bodens manch blutiger
Kampf stattgefunden. Es war bei dieser Gelegenheit, dass ich
mein Erstaunen ausdrückte, als er den Namen seiner Landsleute
mit dem der anderen Stämme dieser Gegend zusammenstellte
und mir erzählte, die Sintän wären vor der Zeit der Türken-
Herrschaft der erste und mächtigste Stamm in der ganzen
Umgegend gewesen und hätten die ganze Landschaft in einem
Zustande von Unterwürfigkeit gehalten. Seitdem aber sei Unpolitischer
Einfluss und ihre Macht gebrochen; sie hätten
jedoch auf anderen Wegen Eigenthumsrecht in Misda sowohl
als in Gharia, ja bis in’s Herz von Fesän erlangt, indem sie
nämlich den Leuten Geld zum Ankaufe von Korn oder
Korn in natura geliehen, hätten. So wären sie Eigner einer
grossen Menge von Dattelbäumen geworden, welche von den
Einwohnern für einen Theil der Ernte gepflegt würden.
Die Sintän haben früher eine grosse Burg besessen, wo sie
ihre Vorräthe aufzuspeichern pflegten, aber seit der Türken-
Herrschaft lassen sie dieselben an ihren, bezüglichen Plätzen
und bringen nur so viel nach Hause, als sie eben bedürfen.
In Wadi Schäti werden wir einer Karawane dieser unternehmenden
Leute begegnen.