Stellen lebhaft an die Scenerie des oberen Nil erinnerte; der
Unterschied besteht nnr darin, dass hier das breite sandige
Bett des zeitweiligen Stromsales den Platz des herrlichen
Flusses in jener begünstigteren Landschaft einnimmt; sonst
herrscht grosse Übereinstimmung: hier wie dort ein dichter
Wald von I ächerpahnen, zu beiden Seiten von aufsteigenden
Höhen begrenzt, und dieselbe warme, lebendige Himmelsdecke.
Auf dem Marsche machten wir einen kurzen Halt, um uns
mit Wasser aus dem Brunnen zu versehen, dessen ich oben
Erwähnung that. Etwa um Mittag zeigte sich wieder die
frische, fleischige Alluotpflanze, die seit mehreren Tagen nicht
vorgekommen war, zu grösser Labung derKameele; denn die
letzteren lieben dieselbe mehr als alle übrigen Gewächse dieser
Landschaft, und da sie diesen Leckerbissen längere Zeit hatten
entbehren müssen, fielen sie mit der grössten Begierde darüber
her. — Das Thal gestaltete sich 2? Meilen weiterhin
zu einer Art unregelmässiger Ebene mit mehreren kleinen
Rinnsalen. Wir lagerten hier, mit einem Überfluss von Graswuchs
rund umher.
Es war Christabend, aber wir hatten nichts, um ihn irgendwie
zu feiern; das einzige Ungewöhnliche, was diesen
Tag auszeichnete, war vielmehr beunruhigender Art, nämlich
wir hatten die Nachricht erhalten, dass sich in Tripoli die
Cholera gezeigt. Eine Kafla, welche jenen Platz vor 3 Monaten
verlassen zu haben vorgab, brachte uns diese Botschaft,
aber sonst nicht einen Gruss, geschweige denn eine
Zeile. Auch mussten wir darauf verzichten, den Tag mit
einer feierlichen Mahlzeit zu begehn, und daher in Ermangelung
etwas Besseren unseren ewigen bitteren Basrn verzehren.
Wir blieben die beiden folgenden Tage hier gelagert und
wurden am Weihnachtstag von Astäfidet’s Musikanten mit
einen musikalischen Unterhaltung ergötzt. Dies war eine erfreuliche
Auszeichnung des Feiertages, ohwohl unsere Besucher
diesen Zweck nicht im Auge gehabt hatten, sondern
vielmehr gekommen waren, um ein Geschenk zu erhalten.
Es waren der Künstler nur zwei, ein Trommler und
ein Flötist, und obgleich sie nicht eben die anderen Virtuosen
des Landes, deren Fähigkeit wir schon zu prüfen Gelegenheit
gehabt hatten, übertrafen, so machte uns doch die
Feier des Tages mehr aufgelegt, daran Gefallen zu finden.
Ich musste hier von meinem besten Kel-owi-Freunde Hamma
Abschied nehmen. Er war ein in jeder Hinsicht zuverlässiger
Mann, ausgenommen vielleicht in Bezug auf das schöne Geschlecht,
und ein aufgeweckter Gefährte, dem unsere ganze
Gesellschaft, und ich insbesondere, nicht wenig verpflichtet
war. Hamma sowohl als Mohammed Byrdji, der jugendliche
Enkel Annür’s, der jenen bei dieser Gelegenheit begleitete,
kehrten hier mit Astäfidet zurück, um diesen jungen Fürsten
in seinem mühseligen Werke, während der Abwesenheit des
alten Häuptlings und des grössten Theils der männlichen
Bevölkerung der nordöstlichen Bezirke eine Art von Ordnung
im Lande aufrecht zu erhalten, zu unterstützen. Beide
waren froh und munter, ohne Ahnung der Zukunft, aber sie
zeigten beim Abschiede grosse Theilnahme, trösteten sich jedoch,
mich gewiss einmal irgendwo wiederzusehn. — Die
Armen! — Beiden war es bestimmt, in dem blutigen Kampfe,
der im Jahre 1854 zwischen den Kel-geress und Kel-
owl ausbrach, zu fallen. Welche tiefe Wunden jener Kampf
diesem Ländchen geschlagen haben muss, wo 600 der Tapfersten
auf dem Platze blieben, ist überhaupt schwer zu
denken.
Barth’s Reisen. I. 74