XXII. KAPITEL.
Die endliche Weiterreise. Das Wanderleben einer Nation.
[Donnerstag, 12ten Dezember 1850 (7ten Ssafer 1266J]; Dies
war der Tag, an welchem wir endlich unsere Weiterreise an-
treten und dem ersehnten Ziele unseres: Unternehmens näher
rücten sollten; wir wussten jedoch schon im Voraus, dass
unser Fortschritt anfänglich nur sehr langsam sein würde.
Ehe wir diese Gegend, die uns so heimisch geworden., ver-
liessen, wünschte ich, einen letzten Blick über das Thal von
Tintéllust zu werfen. Während also alle Welt mit dem Auf-
brueh beschäftigt war, machte, ich mich auf und wandelte
den Vorhöhen des Berges Bonday zu. Die Hügel, welche ich
hinanstieg, bestanden aus Basalt; sie bildeten eineuiiedrigere
Erhebung, abgesonderte Vorhöhen, welche von der Hauptbergmasse
durch eine aus Sandstein bestehende: Einsenkung
gänzlich getrennt waren. Von dieser Höhe aus entwickelte sich
mir eine umfassende Aussicht über das ganze‘Thal, bis zu
der imposanten Bergmasse hinauf, welche diese ganze Thallandschaft
so malerisch abschliesst. . Das ganze Thal lag da,
in Ruhe und Stille gebettet, in der klaren, mässigen Beleuchtung
eines schönen Wintermorgens. Kein Luftzug rührte das
Laub der Bäume, kein lebendes Wesen war zu sehn; nur
in der Feme hörte ich das Schreien der ihrer Beladung widerstrebenden
Kameele, die im Begriff waren, die Behausungen
und die . Habe ihrer wandernden Besitzer in andere Ger
genden zu tragen und diese Landschaft für eine Weile der
Stille und Verlassenheit zu übergehen. Ich kehrte dann
nach unserem abbrechenden Lager zurück und nahm Abschied
von dem reizenden kleinen Thale Ofayet, das, kurz
zuvor so reich geschmückt mit Pflanzenwuchs und so belebt
durch die geschäftigen Scenen aus dem Lehen seiner zeitweiligen
Bewohner, nun, seines Schmuckes beraubt, in Stifte
und Einsamkeit versinken sollte.
Spät am Morgen fingen wir an, uns in Bewegung zu setzen,
aber sehr langsam und mit wiederholtem Aufenthalt. Endlich
kam der alte Häuptling dem Zuge nach, wie ein junger
Mann rüstig vor seinem Kameele, das er heim Nasenzaum
führte, einherschreitend, und die verschiedenen Gruppen und
Reihen, aus denen die Karawane zusammengesetzt war, fingen
an, sich stetiger fortzubewegen.
Es war ein ganzer Volksstamm in Bewegung, die Männer
zu Fuss oder zu Kameel, die Frauen auf Rindern oder Eseln,
mit allem Hausbedarf, ja seihst den leichten Wohnungen,
Matten und Stangen, Töpfen und Mörsern, Schüsseln und
Trinkschalen, Alles in buntem Gewirre umherhängend.
Eine Rinderheerde, sowie eine Heerde Milch gehender Ziegen
und eine Menge junger Kameele liefen nebenher; die letzteren,
in ihrer spielenden, unstäten Weise, unterbrachen oft
störend die Reihen der an einander gebundenen Lastkameele.
Alles war Lehen und Rüstigkeit und gewährte einen überaus
anregenden Anblick.
Der Boden, über den wir dahin zogen, war sehr rauh und
felsig; anfänglich jedoch zeigte sich Graswuchs, bis der Sandstein
vom Basalt unterbrochen wurde und nun die ganze
Landschaft ein überaus kahles und verlassenes Ansehn erhielt.
Hier war die breite Thalehene, ähnlich derjenigen von Ta-rhist,
eine Strecke weit mit grossen losen Basaltstücken bestreut.
Mehrere hohe, stark markirte Kegel charakterisiren diese
eigenthümliche vulkanische Gegend. Nachdem wir zu unserer
Rechten die Kuppe Ebärrasa passirt hatten, lagerten