ernsten und feierlichen Charakter. Es war unverkennbar,
dass diesmal wirklich andere Beweggründe, als der blosse
Wunsch, uns zu berauben, im Spiele waren. Jedenfalls glaubten
unsere Begleiter oder wenigstens Einige derselben, dass
wir wohl einem ernstlicheren Angriff auf unsere Religion
nachgeben würden, und daher nahmen wohl Viele von ihnen
regen Antheil an dem Erfolge des Unternehmens. Oh sie
irgend eine klare Vorstellung davon hatten, was hernach aus
uns werden solle, ob wir unser Eigenthum behalten und unseren
Weg ruhig fortsetzen dürften, kann ich nicht sagen.
Kaum konnten diese Fanatiker irgend welche bestimmte Idee
von unserem späteren Schicksal haben, und es ist absurd,
anzunehmen, dass wir, wenn wir unsere .Religion wie ein
Kleidungsstück gewechselt hätten, gänzlichem Ruin entgangen
wären.
Unsere Leute, welche von den Vorgängen vollkommene
Kenntniss hatten, riethen uns, nur Ein Zelt für uns drei aufzuschlagen;
auch baten sie uns, dasselbe in keinem Falle,
selbst wenn eine grosse Menge Leute sich versammeln sollte,
zu verlassen. Die Besorgniss und Aufregung unseres Fremdes
Annür hatte ihren höchsten Gipfel erreicht; Boro schrieb
Brief über BrieLifsrijObwohl eine beträchtliche Anzahl Meräbetin
zu früher Stunde sich versammelt hatte und eine grosse
Menge anderer Leute noch vor Sonnenuntergang siehfiein-
ste llte ,.so brach der Sturm doch nicht eher los, als nachk
dem alle Glieder unserer Karawane, in langer Reihe unmittelbar
hei unserem Zelte aufgestellt, unter Vortritt des ge-
achtetsten der Meräbetin als Imam ihr Mughreb-Gehet beendet
hatten.
Die Scene, welche folgte, war wahrlich ernsthafter und
tiefer ergreifend, als nach Herrn Richardsoris Erzählung am
genommen werden dürfte. Unsere Leute waren so fest davon
überzeugt, dass, da wir uns mit so entschiedener Festigkeit
weigerten, auch nur für einen oder zwei Tage unsere Religion
zu wechseln, wir augenblicklichen Tod erleiden würden,
dass Mohammed der Tunesier sowohl als Muckeni dringend
ein schriftliches Zeugniss von uns verlangten, dass sie an unserem
Blute unschuldig seien. Herr Richardson selbst war
so wenig gewiss, dass die Scheichs „nicht dächten, wie sie
sprachen”, dass er, nachdem unsere Diener und die Führer
der Karawane auf unsere bestimmte und höchst energische
Weigerung hin uns mit der einfachen Versicherung verlassen
hatten, es stehe uns nun nichts weniger als sicherer
Tod-bevor, und wir nun stillschweigend in unserem Zelte
sassen, einem fast sicheren Tode mit dem erhebenden Bewusstsein
entgegenschauend, dass wir ihm in einer unserer
Religion, sowie des Volkes, in dessen Namen wir uns unter
diese barbarischen Stämme begehen, würdigen Weise entgegengingen
S - in die Worte ausbrach: „Lasst uns doch ein
wenig reden, wir müssen ja einmal sterben! Was soll es
nützen, so stillschweigend dazusitzen?”
In der That, der Tod schien mehrere Minuten lang wirklich
über unseren Häuptern zu schweben; der ernste Augenblick
aber ging vorüber. Wir hatten eben Herrn Richard-
son’s letzten Vorschlag zu einem Versuche, mit dem Leben
davonzukommen, besprochen, als, gleichsam als Vorläufer des
offiziellen Boten, der wohlwollende und freundlich gesinnte
Slimän in unser Zelt stürzte und mit herzlicher Theilnahme
die Worte hervorstotterte: „Ihr sollt nicht sterben!”
In Bezug auf den Betrag der Beute, welche man uns abnahm
, bemerke ich nur, dass er nach der Summe, welche
wir der Kel-owi-Escorte gegeben, bestimmt ward, indem die
betheiligte Partei dieselben Ansprüche an uns zu haben
glaubte,, wie unsere Begleiter. Die hauptsächlichsten, wenn
nicht einzigen Triebfedern in dieser Angelegenheit waren
ohne Zweifel die Meräbetin, und der alte Häuptling Annür
von Tintellust behauptete nachmals stets, dass wir diesen
Männern allein alle unsere Unfälle und unser Ungemach zu-
4 4 *