330 XIII. Kapitel.
Wasserpfütze in Djinninau machte. Wir konnten jedoch begreifen
, warum der liebenswürdige, obgleich kraftlose AnmTr
dieses Verlangen unterstützte, indem wir vermutlieten, dass
dies geschähe, um die Eindringlinge in etwas zu befriedigen.
Kaum aber war dieser Forderung Genüge getluin, als die
Karawane in die grösste Bestürzung gerietli, indem die Nachricht
sich verbreitete, dass eine Bande von 50, ja 65 Mellara*)
käme, um uns anzugreifen. Obwohl durchaus keine
zuverlässige Quelle für dies Gerücht angegeben ward, so
wurde doch das ganze Lager in die höchste Verwirrung gesetzt.
und Jeder schrie nach Pulver und Blei. Boro Sserki-
n-turaua benutzte die gute Gelegenheit wieder, sein Rednertalent
zu entwickeln, und ermahnte die Leute auf höchst pathetische
Weise, tapfer und mutliig zu sein. Viele der Tin-
vlkum indess hatten sein- natürliche Beweggründe, friedlich
zu sein, da jeder Ausbruch offener Feindseligkeiten ihnen für
die Zukunft das Reisen auf dieser Strasse unmöglich machen
musste. Ja selbst zwischen unseren Kel-owT und den uns
verfolgenden Hogär kam dieser Gegenstand fortwährend zur
Sprache, indem die Ersteren betonten, dass sie und der Sudan
ohne Verkehr mit dem Norden leben könnten, der Norden
aber nicht ohne sie.
In diesem Augenblicke höchster Aufregung erschien Chueldi,
einer der ersten Kaufleute, oder vielmehr der erste, in Mur-
suk, den wir hier nicht zu sehn erwartet hatten, obwohl wir
wussten, dass er auf dem Wege vom Sudan nach dem Norden
sei. Wir waren in einer Lage, wo dieser Mann uns die
«rossten Dienste leisten konnte, sowohl durch seinen Einfluss
*) Mit dem Namen Mehära, werden in der Wüste ganz allgemein
zu Mehära berittene Krieger gemeint. — „Mehära” ist der schon von
Ebn Chaldñn (teste Arabe, tom. I, p. 238) erwähnte Name des schnellflissigen
Kameeles; der von de Slane (in der Note zu seiner Übersetzung, tom. II, p. 70)
gegebenen Ableitung kann ich keineswegs beistimmen. Der Singular heisst
„méhari” .
auf die Leute, aus denen unsere Karawane bestand, als auch
durch die Kenntniss, welche er von dem Lande besass, in
dessen Grenzbezirk wir eben eingetreten waren. Unglücklicherweise
aber war Chueldi, obwohl ein erfahrener Kaufmann,
kein praktisch durchgreifender und scharfblickender
Mann. Anstatt uns einfach darüber zu belehren, inwieweit
die Gerüchte begründet sein möchten, welchen Hindernissen
wir wirklich begegnen dürften und wie wir sie durch ein
den Häuptlingen zu entrichtendes massiges Passagegeld beseitigen
könnten, leugnete er wenigstens insgeheim das Vorhandensein
irgend welcher Gefahr, öffentlich aber ging er
im Lager umher, erhob unsere Wichtigkeit als die Sendboten
einer überaus mächtigen Regierung und ermuthigte die Leute,
uns im Falle einer Gefahr zu vertheidigen.
In Folge dessen fassten die Tinylküm nun auch mehr Herz,
begingen aber den Unverstand, um nicht zu sagen die Treulosigkeit,
den Einnistlingen von dem ihnen verabreichten
Schiessmaterial mitzutheilen. Diese, obgleich sie in dem herzlosen
Schauspiel, das auf unsere Kosten gespielt wurde, unsere
wärmsten Freunde zü sein vorgaben, hatten natürlich
nichts Besseres zu thun, als die Bande, zu der sie gehörten,
mit, eben dem Stoff zu versehen, von dem allein unsere Überlegenheit
und Sicherheit abhing.
Obwohl bei allem Lärm und aller Pulververschwendung der
unkriegerische Sinn unserer Karawane und der vollkommene
Mangel an Einigkeit nur zu klar war, so musste doch die
Scene, die sich am Abend vor unseren Blicken entwickelte,
für Jedermann belebend und anregend sein; besonders aber
trug das glänzende Mondlicht, das zum Lesen und Schreiben
hell genug war, dazu bei, das Bild während der Nacht interessant
zu machen. Die ganze Karawane war in Schlachtordnung
aufgestellt; der linke Flügel ward von uns und einem
Theil der Kel - owl gebildet, die ihren eigenen Lagerplatz
verlassen und ihre Stellung vor unserem Zelte genommen