XIV. KAPITEL.
Völkerverhältnisse von Air oder Asben.
Der Name Air, genau wie er von den Eingeborenen der
Gegenwart geschrieben und ausgesprochen wird, findet sich
zuerst bei Leo *) in seiner Beschreibung Afrika’s , welche im
Jahre 1526 geschrieben ward. Die Landschaft Käher, welche
von Ebn Batüta **) auf seiner Rückreise von Tekadda nach
Büda in der Oase Tauät üher dem Brunnen von Asiu ***)
erwähnt wird, ist augenscheinlich hier in dieser Nachbarschaft
zu suchen, scheint aher vielmehr die Gegend einige Tagereisen
westlich von Tintellust zu bezeichnen. Es ist vielleicht
mit dem Ghir Leo’s identischf), obgleich sich diese letztere
Landschaft mehr südwestlich erstreckte.
*) Leo Africanus, descrizione delC Africa, I, c. 6: ,,e Air, diserto ancora
esso (ma nomato deüa bontlt, delV aeré"'). Die Herleitung des Namens
ist natürlich ganz apokryphisch und absurd. Vergl. 1. VI, c. 55 und c. 56.
**) Ebn Batütd’s Travels, ed. Lee, p. 45, vergl. JournalAsiatique, 1843,
p. 237.
***) Siehe, was ich oben S. 309 gesagt habe.
t ) Leo, 1. VI, c. 55. — Ebn Batüta zählt 70 Tagemärsche von Tekádda
nach Büda in Tauät. Nun werden wir in einem späteren Abschnitt unserer
Untersuchungen sehn, dass Tekadda 3 Tage südwestlich von Agades lag. Da
nun Asiu (das offenbar mit dom Punkte identisch ist, den er als den Scheidepunkt
der Strassen nach Tauät und Egypten und als 40 Tage von der erstgenannten
Landschaft entfernt angibt) 30 Tage von Tekadda ist, so ist Käher,
das 18 Tage von Asiu und 12 von jenem Orte entfernt ist, entschieden zwischen
den Parallelen von Selüfiet und Tintéllust zu suchen, aber, wie wir
aus der Richtung der Linie von Tekádda nach Asiu und aus der Angabe des
Da die Araber den Namen mit einem h schreiben, nämlich
Ahir, so haben historische Geographen diese Schreibart für
die richtige Form des Namens gehalten; doch sind sie hiermit
im Irrthum *). Der Name Air scheint indess nicht der
ursprüngliche Name des Landes, sondern erst von den Ber-
berischen Eroberern eingeführt zu sein. Der frühere Name des
Landes muss Asben oder Absen gewesen sein, wie es noch gegenwärtig
von der schwarzen, wie von der gemischten Bevölkerung
genannt wird. Denn Ashen hiess früher das Land
der Göberaua, des beträchtlichsten und edelsten Theiles der
Haussa-Nation, der jedoch nicht zu der reinen Negerrasse
gehört, sondern ursprünglich eine enge Verwandtschaft mit
Nord-Afrika gehabt zu haben scheint. Von diesem Standpunkte
aus ist es keineswegs als eine absurde Angabe zu betrachten,
dass Sultan Bello in der Einleitung zu seinem geschichtlichen
Werke über die Eroberungen der Fulbe, „Infak el misüri fi
fat-hah el Tekrüri”, den Göber-Stamm Kopten**) nennt. Allerdings
wird gewöhnlich von den gelehrten Männern des Landes
nur eine einzige Familie, nämlich die edelste, das Geschlecht
der Batscheraua, zu dem die berühmten Häuptlinge
Ssöba und Babäri gehören, als von ausländischem Ursprünge
angesehn.
Die Hauptstadt dieses Königreichs Asben war, wenigstens
in späterer Zeit, Tin-schamän, gegenwärtig ein Dorf, ein wenig
westlich von der Strasse von Aüderas nach Agades, etwa
20 Meilen nördlich von der letzteren Stadt. Der Name ist
wüsten Charakters der Gegend • schliessen können, wohl ganz gewiss in dem
öden Distrikt 2 oder 3 Tage westlich.
*) Die Tuareg, sowohl die Kel-owi, als alle übrigen Stämme, schreiben stets
<>(_£•, ,,alr”, und der Grund, warum die Araber mit einem h schreiben,
ist einfach der, dass sie die üble Bedeutung von „veretrum", vermeiden
wollen. ^
**) Hierauf werde ich im zweiten Th,eile ausführlicher zurückkommen.