Dorf in einen solchen Zustand des Verfalles gerathen sei, gab
die Schuld einem Eegenstrome, welcher vor neun Jahren einen
grossen Tlieil zerstört habe; in Folge dessen hätten sich die
meisten Einwohner zerstreut, so dass jetzt nur noch etwa zwanzig
Familien zurückgeblieben seien. Da aber fast alle Orte in
Fesän in demselben Zustande sind, so kann man diese allgemeine
Verödung und Entvölkerung des Landes nur einiger-
massen dadurch erklären, dass die Leute nach dem Sudan aus-
waudern, um sich dem Militärdienst zu entziehen, wogegen sie
eine unüberwindliche Abneigung haben und sich lieber Zähne
aussehlagen und halb blenden.
Zu Tewiwa gehört ein sehr bedeutender Harn, aber der
Theil der Ebene zwischen dem Dorfe und den Felsen ist ziemlich
frei; nur wenige vereinzelte Stellen sind mit Korn bebaut.
Drei mächtige isolirte Felsmassen springen von dem
Berggolf in die Ebene vor und geben den Hainen und Dörfern,
welche wir am Wege liegen liessen, ein höchst malerisches
Anselm. Wir waren im besten Zuge, als plötzlich aus
höchst ungenügenden Gründen „Halt” beordert wurde, und
zwar ein wenig südlich von dem Dorfe Tekertiba. Um nun
die Zeit nicht nutzlos zu verlieren, beschloss ich, einen Felsrücken
zu ersteigen, welcher etwas jenseits des Dorfes von
der Südwand des Thaies vorsprang und dasselbe durchschnitt,
während zugleich die Sandlmgelreihe an der Nordseite desselben,
welche sich immer mehr genähert hatte, das Thal
hier ganz und gar einengte. Ich fand, dass der Felsrücken
nur eine schmale, steile Wand war, welche einen sehr interessanten
Blick auf dieses Ende oder vielmehr den Anfang
des fruchtbaren Wadi gewährte. Die Sandhügel jenseits dieses
Rückens machen noch eine beträchtliche Wendung gegen
Süd und bedecken fast ganz das kleine Wäldchen von Def-
djaescli mit Sand. Dahinter, im Nordosten, kann man die dürftigen
Pflanzungen des ganz flachen und nur höchst unbestimmt
begrenzten Wadi e’ scherki selm.
Vom höchsten Punkte des Felsrückens stieg ich nordwärts
hinab und überschritt einen kleinen Pass, welcher zwischen
der niedrigeren nördlichen Strebewand und der bedeutenderen
südlichen Felserhebung gebildet wird; hier entlang
führt ein Pfad, welcher beide Thüler mit einander verbindet.
Indem zugleich hier zur Linken die Erhebung zurücktritt,
die bisher die Pflanzung verborgen, gewann ich einen
Überblick über ein die interessantesten Gegensätze vereinendes
Landschaftsbild: hier der frische grüne Thalboden voll
reich aufsprossender Vegetation, jenseits, hart sie begrenzend
und mit Zerstörung drohend, die weisse, blendende Wand
der hohen Sandhügel.
Von hier wandte ich mich nach den Pflanzungen, wo junge
Leute eifrig beschäftigt waren, mit Hülfe von Eseln das Wasser
aus den grossen, teichartigen Brunnen zu ziehen. Das
Brunnengerüst oder die „chattära” (übrigens von derselben
Konstruktion, wie die auf der Ansicht von Ederi dargestellten),
aus .den höchsten und mächtigsten Palmstämmen gebaut, hat
ein höchst luftiges Ansehn, da das Ganze eine Höhe von 60
bis 80 Fuss hat; immer sind zwei Ziehbrunnen nahe bei einander
und zwei ärmliche, schlecht gefütterte Esel erleichtern
einander durch Leidensgenossenschaft die mühselige Arbeit.
Die jungen männlichen Arbeiter, welche alle Strohhüte trugen,
hatten ein energisches Ansehn. Das nördliche Ende der
Pflanzung ist von den herannahenden Sandhügeln hart bedroht;
schon haben sie eine Reihe Palmbäume ganz versandet. Es
geht m Tekertiba das Gerede, wie ganz abgeschmackt es auch
erscheint, dass auf der höchsten Klippe der das Thal im Süden
begrenzenden Felswand eine Quelle entspringe und dass diese
einen Bach bilde, der unter der Erde in die Thalsohle hinabflösse
; früher, sagt mau, wären auch Stollen dagewesen, welche
nach dieser unterirdischen Wasserader geführt hätten, aber
nun ganz verschüttet wären. Das Dorf selbst, an der Südgrenze
der Pflanzung gelegen, ist von ansehnlichem Umfange, aber