und Umstände es erlaubten, auf den Zustand des wirklich
Kranken mehr einzugehn. In der Eile, in der wir augenblicklich
waren, konnte er seihst heim besten Willen kaum
die eingebildete oder wirkliche Krankheit dieser Dame ergründen;
was ihr jedoch zu Theil ward, weiss ich nicht. Sie
war jedenfalls eine Frau von hohem Ansehn, da der alte
Häuptling selbst voll freundlicher Rücksichten und Ehrerbietung
für sie war. Wir waren nicht wenig verwundert, dass
er seine braune Mähre gegen ein mageres weisses Pferd vertauscht
hatte, dessen frühere Besitzer mit gutem Grunde über
ihren Handel entzückt zu sein schienen.
Endlich setzten wir uns in Bewegung, dem Lande der Ver-
heissung entgegen. Unsere Richtung war beinahe genau südlich.
Nach einer Strecke von 3 Meilen zeigte sich der dicke
Busch „dilu” in dem dichteren Unterholz und das Land rund
umher ward hügeliger und voll Ameisenlöcher. Etwas östlich
vor uns wurde in der Ferne eine niedrige Kette, die sich von
Ost nach West erstreckt, sichtbar. Plötzlich aber machte
der bisherige Sandboden einem felsigen Aufsprung Platz und
die ganze Karawane gerieth in Unordnung. Wir konnten
erst nicht begreifen, was die Ursache sei, bis wir gewahr
wurden, dass ein steiler Abhang als regelmässige Terrasse
wenigstens 100 Fuss tief in eine niedrigere Ebene hinabführte.
Das war der erste unverkennbare Beweis, dass wir
die einförmige, im Ganzen unfruchtbare Hochfläche passirt
hatten. Der Pflanzenwuchs war hier ein anderer und eine
neue Pflanze, Namens „äguau”, trat auf. Es ist dies ein mit-
telgrosser Busch, der in einer dicht aufstrebenden Masse von
Zweigen sehr weissen Holzes besteht. Er war gerade augenblicklich
blätterlos und die jungen Sprösslinge brachen eben
hervor. Auch wilde Melonen gab es hier reichlich, aber sie
waren ohne Geschmack.
Der felsige Abstieg ist nach Westen nur von geringer Ausdehnung,
nach Südosten zu aber, uns zur Linken, dehnte er
sich bis in weite Feme aus. Nachdem wir in dieser niedrigeren
Steppe etwas weiter als 2 Meilen fortgezogen waren,
passirten wir einen grossen Teich — „tebki” —, der in geringer
Entfernung zu unserer Rechten lag und Färak genannt
wird; er dehnt sich in einer langgestreckten Mulde zu ansehnlicher
Länge aus.
Während wir bei dieser ersten grösseren Ansammlung stehenden
Regenwassers im Tropenlande vorüberzogen, hatte ich
eine Unterredung mit meinem närrischen Freunde Mohammed,
Annür’s Vetter, der ebenfalls nach Sudan ging. Ich
sagte ihm, dass sein Onkel seine Leute wohl zu kennen scheine,
da er einen so muthwilligen Burschen nicht hinter sich zu
Hause lasse. Er war, wie immer, guter Laune und freute
sich auf die ihm im Lande der Schwarzen bevorstehenden-
Genüsse. Er klagte oft, dass sich im hungrigen Asben weibliche
Schönheit nicht zu den Herz und Sinn wohlgefälligen
Dimensionen entwickeln könne ; nur im Sudan gebe es schöne
Frauen. Er theilte mir auch mit, dass Annür’s Abtheilung fast
die erste sei, da ihr nur das Salz Salah’s, des Häuptlings von
Egellat, zuvorgekommen. Er prahlte wiederum mit seinen
Thaten bei dem neulichen Heereszuge, wobei sie die räuberischen
E-faday in Talak und Bügaren überholt und ihnen
alle ihre Habe abgenommen hätten. Weiterhin zogen wir
an dem Brunnen Namens Färak vorbei, der jetzt ausgetrocknet
war, und lagerten uns 2 Meilen jenseits desselben
an einer dicht mit der verhassten Karengia überwachsenen
Stelle.
[Sonntag, ¿P«« Januar.] Wir waren kaum aufgebrochen,
als ich eine ganz neue Art Pflanze bemerkte, die im mittleren
Sudan ziemlich selten vorkommt, die ich aber in der
Folge an dem nördlichen Ufer des sogenannten Niger, zwischen
Timbuktu und Tos&ye, in grösser Menge fand. Es ist
eine Euphorbia, wird bis 2 Fuss hoch und ist sehr giftig;
in der Haussa-Sprache heisst sie „Kumkiimmia” ; die Ara-
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