unruhigen Gemüthsstimmung, in der wir uns befanden,
einen unbehaglichen Eindruck. Plötzlich erblickten wir
auf einer regelmässig geschichteten Sandhöhe vor uns vier
Leute und ein Trupp Leichtbewaffneter, unter denen drei
Bogenschützen sich befanden, wurde alsobald ahgesandt, um,
wie es den Anschein hatte, zu sehn, was dies zu bedeuten habe.
In regelmässiger Schlachtordnung marschirten sie gerade auf
die Anhöhe zu.
Da ich mich gerade in der ersten Reihe der Karawane
befand und mich auf meinem Kameele nicht so sicher als
zu Fuss fühlte, stieg ich ab und führte meinen Meheri
beim Nasenzaum, indem ich meine Augen nicht von der Scene
vor mir abwandte. Wie sehr ward ich aber überrascht, als
ich zwei der Unbekannten in Gemeinschaft mit den Kel-owl
einen wilden Waffentanz ausführen sah, während die Übrigen
ruhig auf dem Boden dabei sassen! Hoch erstaunt und
betroffen mass ich langsam meine Schritte ah, als zwei der
Tanzenden auf mich zugestürzt kamen, den Zaum meines
Kameeles fassten und Tribut von mir forderten. Unvorbereitet
auf eine solche Scene, besonders unter solchen Umständen,
da drei der uns nachstellenden Rauhzügler uns stets nahe
waren, ergriff ich meine Pistole, als ich noch eben zur rechten
Zeit Grund und Charakter dieser eigenthümlichen Cere-
monie kennen lernte.
Die kleine Anhöhe, auf deren Gipfel wir die Leute beobachtet
hatten und an deren Fusse der Waffentanz ausgeführt
wurde, ist ein wichtiger Punkt in der neueren Geschichte
des Landes, das wir nun betreten. Denn es war hier, dass,
als die Kel-owl, bis dahin, wie es scheint, ein unvermisch-
ter, reiner Berberstamm, Besitz vom Lande Alt-Göber mit
seiner Hauptstadt Tm-schamän nahmen, ein Vertrag von
den rothen Eroberern mit den ursprünglichen schwarzen Bewohnern
eingegangen wurde, dass nämlich die Letzteren nicht
ausgerottet werden sollten und dass das Haupt der Kel-owl
nur eine schwarze Frau heirathen dürfe. Zur Erinnerung
an diesen Vertrag hat man die Sitte bewahrt, dass an der
Stelle, wo derselbe geschlossen wurde, am Fusse des kleinen
Felsens Maket-n-ikelän’*), die Sklaven — „ikelan” — der
vorbeiziehenden Karawanen ausgelassen sein und von ihren
Herren einen kleinen Tribut fordern dürfen. Die Ebene
umher hat bei den Arabern den so höchst bezeichnenden
Namen „schäbet el Ahir” bekommen, der genugsam bezeugt,
dass sich an diesen Punkt ganz vorzugsweise die Existenz
von Ahir (Air) im Gegensatz zu Göber anschliesst.
Der Schwarze, welcher mich anhielt, war der sserki-n-
bai, das Haupt oder der Anführer der Sklaven. Diese armen
und doch fröhlichen Geschöpfe führten, während die Karawane
ihren Marsch fortsetzte, noch einen anderen Tanz aus, und
das ganze Verhältmss dieses Gebrauches würde überhaupt
das höchste Interesse in Anspruch genommen haben, wenn
nicht wir sowohl wie alle gutgesinnten Mitglieder des Zuges
sehr bedrückt und unser Geist von der Besorgniss eines
Unfalles ganz eingenommen gewesen wäre. In der That, die
Furcht war so gross, dass der liebenswürdige und gesellige
Ssliman, einer der Tinylkum, der auch später so aufrichtig
und herzlich seine Theilnahme an unseren Unfällen aüs-
drückte, mich, als ich einmal ausserhalb der Reihe der Kameele
ritt, inständig bat, mich mehr in der Mitte der Karawane
zu halten, damit nicht, wie er. fürchtete, einer jener
Räuber plötzlich auf mich losstürzen und mich mit seinem
Speer durchstossen möge.
Während der Boden hier umher nur aus kahlem Kies bestand,
wurde der Weg nachmals unebener und von Granit-
*) Ich bedaure, dass ich es vernachlässigt habe, zu erfragen, was der ursprüngliche
Geber-Name dieses Platzes war. Denn während es kaum zweifelhaft sein
kann, dass er seinen Namen „mäket-n-ikelän” von dieser Verhandlung erhalten
hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass er eine alte Kultusstätte war und
als solche einen eigenen Namen hatte.