scheinlich, dass er die meisten seiner Untergebenen zur Sicherung
des Landes zurücklassen musste. Als wir endlich aufbrachen,
war die Scene, welche sich vor unseren Augen entwickelte,
in der That höchst anregender Art für Jedermann,
der Interesse für das Leben eines Volkes hat. Eine
ganze Nation war hier in Bewegung, ihrem grossartigen Berufe
nachzugehn, die Bedürfnisse anderer Stämme zu befriedigen
und dagegen dasjenige einzutauschen, dessen sie selbst
bedurfte. Alle Trommeln wurden gerührt und in kriegerischer
Ordnung rückte ein Zug nach dem anderen heran, von
seinem jedesmaligen Mädogu, das heisst dem erfahrensten
und zuverlässigsten unter den Dienern und Anhängern jedes
Häuptlings, angeführt.
Gleich beim Aufbruche zeigte sich deutlich, dass unser Lager
in letzter Nacht nur gewählt worden sei, weil es ringsum
von Felserhebungen geschützt war; denn heute hatten
wir anfangs einer ganz westlichen Richtung zu folgen, um
auf unsere Hauptstrasse
imThale entlang zurückzukehren.
Das Thal war
hier reich mit dem üppigsten
Pflanzenwuchse bedeckt.
Allmählich fingen
wir an, den Berg Märi
zu umgehn, der die hier
nebenanstehende Gestalt
hat.
Wüstenei und Fruchtboden schienen wunderbar mit einander
zu kämpfen; bald erfüllte uns der Anblick der uns umgebenden
Natur mit der Hoffnung, dass wir die fruchtbare Zone
schon erreicht hätten; zu anderen Zeiten wieder hatte die
Landschaft einen überaus wüsten Charakter. Aber welch nackten
Gürtel wir noch zu durchziehen haben sollten, davon hatten
wir keine Vorstellung. Schon vor 2 Tagen hatten wir das erste
Exemplar der Indigofera endecaphylla — „nile” oder „bäba” —
gesehn, unscheinbar zwischen dem übrigen Krautwuchs auf-
schiessend; heute bemerkte ich, wie unsere Kel-owi einen
essbaren Knollen, den sie „adillewan” nannten, ausgruben.
Die Richtung unseres Weges war in diesen Tagen eine sehr
gewundene, und zwar wohl nicht allein durch die Beschaffenheit
des Bodens bedingt. Offenbar war es die Absicht unserer
Begleiter, ihre ermatteten Thiere auf der reichen Weide der
schlangenartigen Thäler Unän und Bargöt neue Kräfte sammeln
zu lassen; vielleicht auch gaben wir diesen Vormittag unserem
Marsch eine südwestliche Richtung, um die direkt von
Ä-ssödi kommende Strasse zu erreichen. In diese traten wir
etwa um Mittag ein. Natürlich ist sie, wie alle Strassen in diesen
Ländern, ein kleiner, enger Pfad. Ihm folgend, schlängelten
wir uns durch ein
Labyrinth grösser, isolirt
aufspringender Blöcke,
während der Berg Märi,
der nun seine breite Seite
mit den Unterhöhen frei
entwickelte, : eine ganz
andere Gestalt anzunehmen
schien..
Allmählich wurde der Thalgrund freier von Blöcken und
wir kreuzten zu wiederholten Malen das Bett des zeitweiligen
Regenstromes, als wir einer kleinen Karawane begegneten,
die meinem Freunde, dem Emgedesi Idder, zugehörte, welcher
in Damerghü gewesen war, um Negerkorn zu kaufen.
Wir lagerten kurz danach ander Seite des Wasserlaufes, der
Adöral genannt wird und sich weiter unterhalb mit einem
anderen, nahe an der westlichen Kette sich hinziehenden
Rinnsal Namens Uellek vereinigt. Hier hatten wir die Freude,
die ersten Exemplare der schwebenden Nester des Webervogels,
überaus künstlich aus trockenem Grase gewunden und