Tuareg, von einem Überfluss von Quasten und kleinen, an
Schnüren befestigten, Zauberschriften umschliessenden Ledertäschchen
rings umgeben und mit dem schwarzen Tessilge-
mist oder Lithäm umwunden sind, welcher das ganze Gesicht
bedeckt und nur die Augen sehn lässt; d a . hierüber
nochmals ein roth- und weissgestreifter Egyptischer Shawl
— „aliäfu”— in fantastischer Weise geschlungen wird, so nehmen
sie fast gänzlich die Gestalt hoher, schwerer Helme an.
Ausserdem haben besonders die dunkelblauen, fast schwarzen
Toben, wenn sie neu sind, in ihrer schönen Glasur von Weitem
ganz das Aussehn von Metall und vergegenwärtigen sehr
wohl die schwerere Kleidung der Ritter des Mittelalters. An
solchen Festtagen jedoch trägt der Targi, wenn er es haben
kann, zu gern seine „Perlhuhntobe” -^^tekätkat tailelt”, die
fast denselben Eindruck macht, und über diese weite Tobe,
von welcher Farbe nun immer sie sein mag, wirft er in
schönem Faltenwurf einen feuerrothen Bemus, indem er wohl
darauf achtet, dass der die Ecken im . Innern verzierende
bunte Seidenschmuck in die Augen fällt. Auch der Sultan trug,
wie schon gesagt, über seiner helleren „riga” einen Bemus, und
zwar denselben schönen, blauen Bemus, den ich ihm geschenkt-
und diese Thatsache, dass ihr Oberherr an solch’ festlichem
Tage ein ihm von einem Fremden und zwar einem Christen
überreichtes Gewand trug, übte einen mächtigen Einfluss auf
die hier versammelten Stämme und verbreitete einen vor-
theilhaften Bericht weit nach Westen über die Wüste. 1
Kurz nachdem die Prozession vorüber war, besuchte uns
der freundlich gesinnte ■ Hadj 'Abdüa. Nachdem er sich in
Eghelläl von uns getrennt, hatte er sich der Truppe des
Astäfidet angeschlossen. Er war gegenwärtig vom. Fieber
Kappen ein der ursprünglichen Tracht des freien Amöscharh ganz fremder
Artikel sind und das Tragen derselben von den Stämmen reinen Geblütes ge-
missbilligt wird.
Der Besuch Hadj 'Akdüa’s und der Söhne Boro’s. 465
ziemlich frei, bat mich aber, ausser um etwas Pulver, auch
um einige Dosen Magnesia; er sagte mir, dass eine böse Krankheit
in der Stadt herrsche, an welcher täglich zwei bis drei
Leute stürben, und dass selbst Astäfidet an diesem Übel
litte. Es waren , die Blattern, eine sehr häufige und schwere
Krankheit in Central-Afrika, gegen welche sich aber mehrere
heidnische Stämme durch Einimpfung zu schützen wissen,
während die Moslemin von dieser Operation durch das religiöse
Vorurtheil einer Prädestination zurückgehalten werden.
Dann erhielt ich einen Besuch von Boro’s Söhnen, und zwar
in ihrem amtlichen Charakter als „fadaua-n-sserki”. Sie
fragten mich, wahrscheinlich mit Bezug auf mein Abenteuer
in neulicher Nacht, oh ich mich etwa über das Benehmen
der Städter gegen mich zu beklagen habe, und ich war verständig
genug, ihnen zu sagen, dass ich mich durchaus, über
nichts zu beklagen hätte. Die Stadtbewohner benahmen sich
in der That im Ganzen ausserordentlich freundlich gegen mich,
wenn man in Betracht z.iohty dass ich der erste Christ war,
welcher die Stadt besuchte, und zwar eben als solcher. Die
kleinen Ausbrüche von Fanatismus von Seiten der Weiber und
Kinder, wenn sie mich auf unserer Terrasse sahen, dienten
eher dazu, mich zu unterhalten, als zu kränken; denn während
sie in den ersten Tagen meines Aufenthaltes in Agades,
als sie mich höchst wahrscheinlich für einen Heiden oder
Polytheisten ansahen, bei dem Rufe ihrer Glaubensformel den
Hauptton auf das Wort „ARah”ii§l|,der Eine Gott” — legten,
fingen sie nachmals an, als sie erfahren hatten, dass auch ich
nur Eine Gottheit anbete, die ganze Betonung auf den Namen
des Propheten zu legen.
Um die Zeit des Sonnenunterganges wurde ganz in unserer
Nähe ein sehr ernster und von allen Häuptlingen besuchter
Divan abgehalten, um über einen „yäki” oder „egehen”®- „eine
Rhasia”S f zu berathen, welcher gegen die Freibeuter „me-
härebin” —- der Auelimmiden unternommen werden sollte. In
Barth’s Reisen. I. 59