Es dauerte lauge, ehe es möglich war, vor Lärm die Ursache
des ganzen Tumultes zu erfahren. Endlich wurden
die folgenden Umstände bekannt. Ein Mann Namens Mohammed,
welcher zur Kafla gehörte, war ein wenig am
Brunnen zurückgeblieben und hatte drei Tuareg zu Kameel
— „Meheri” — beobachtet, welche eiligen Laufes herankamen.
Während er nun selbst der Karawane ohne Verzug
gefolgt war, hatte er seinen Sklaven zurückgelassen, um zu
sehn, oh noch andere Tuareg hinterdrein kämen. Dieser
Sklave nun hatte ihn nach kurzer Zeit eingeholt und ihm
berichtet, dass noch eine Anzahl Kameele in der Entfernung
sichtbar geworden wären, und beide beeilten sich, uns die
Nachricht zu überbringen. Selbst Herr Richardson, der bei
seinem schweren Gehör erst nach dem Alarm unsere Lage
zu überschauen im Stande war, stieg von seiner kleinen,
schlanken Naga herab und spannte kriegsgerüstet seine Pistolen.
Ein kampflustiger Geist schien sich der Karawane
bemächtigt zu haben, und ich bin überzeugt, dass, wenn
wir in diesem Augenblicke angegriffen worden wären, Alle
tapfer gefochten haben würden. Offener Angriff indess ist
nicht die Taktik einer Freibeuterschaar in der Wüste; sie
nistet sich bei einer Karawane ein und zeigt sich anfänglich
ruhig und friedfertig, bis sie die geringe Einigkeit, welche
in einer solchen, aus den heterogensten Elementen gebildeten
Truppe zu finden ist, untergraben und sich aller günstigen
Verhältnisse bemächtigt hat,— erst dann zeigt sie sich
allmählich in ihrem wahren Charakter und erreicht auch gewöhnlich
ihren Zweck.
Nachdem endlich ein gewisser Grad von Buhe wieder unter
unsere Schaar zurückgekehrt und eine genügende Menge
von Pulver und Blei unter diejenigen vertheilt worden war,
welche mit Feuerwaffen versehen waren, gewann die Ansicht
Raum, dass, wenn der Bericht sich wirklich bestätigen sollte,
es viel wahrscheinlicher sei, dass wir bei Nacht als bei
Tage angefallen werden würden. Wir setzten daher unseren
Marsch mit einem stärkeren Gefühl von Sicherheit fort, während
ein Trupp Bogenschützen abgesandt wurde, um vofi
einer kleinen Kafla, die vom Sudan kam und in geringer
Entfernung von uns hinter einer niedrigen Erhebungskette
hinzog, Nachrichten einzuholen. Es waren einige Tebu’s
oder Teda’s mit 10 Kameelen und etwa 33 Sklaven, die unbewusst
einem schrecklichen Schicksale entgegengingen. Wir
hörten nämlich später, dass die Imrhad der Hogär oder vielmehr
die Hadänara selbst, darüber aufgebracht, dass wir
durch ihr Land gezogen wären, ohne- dass sie etwas von uns
erhalten, die kleine Truppe angegriffen, die drei oder vier
Tebu’s gemordet und ihre Kameele und Sklaven weggeführt
hätten.
Während sich die Karawane langsam vorwärts bewegte,
konnte ich meinem Meheri erlauben, an einer kleinen muldenartigen
Einsenkung Namens T a -h a -ssä -ssa von dem
„ne-ssi"■-(■Panicum grossularium), einem von den Kameelen
sehr gesuchten Kraute, etwas zu weiden. — Um Mittag fingen
wir dann an, auf ein felsiges Terrain hinanzusteigen,
und erreichten nach sehr allmählichem Anstieg von 3 Meilen
die höhere Fläche, welche mit Kies bedeckt war, weiterhin
aber rauhen schiefrigen Böden zeigte, bis wir das Thal Fe-
norangh*) erreichten.
Diese Thaleinsenkung, nicht ganz 1 Meile breit und etwa
deren 2 lang, ist durch ihren ungewöhnlich reichen Krautwuchs,
namentlich das von den Arabern so genannte „bü-
rekkeba” und das so überaus nahrhafte „hhäd”, sehr berühmt
und bildet daher einen wichtigen Haltpunkt für die
Karawanen, welche, vom Norden; kommend, den nackten
Theil der Wüste, der kaum irgend eine Art von Futter für
die Kameele hervorbringt, durchschnitten haben. Ungeachtet
*) Herr Richardson nennt es „Takeesat”.
Barih'e Reisen. I.