XI. Kapitel.
Innig erfreut von diesem überaus interessanten kleinen
Streifzug kehrte ich nach unserem Gezelte zurück, fand jedoch
unsere Lage hier durch die Zudringlichkeit der Einwohner
so unerfreulich gemacht, dass ich mich schon nach
kurzer Rast so unbemerkt wie möglich wieder fortstahl. Ich
machte mich jetzt nach der östlichen Seite des Thaies auf,
das hier von dem Abhange der Akaküskette geschlossen wird:
Die Ebene auf dieser Seite wird von unregelmässigen Sandhügeln
unterbrochen, die mit Ethelbüschen bewachsen sind,
und gewährt daher keine bedeutende Fernsicht. Küchengärten,
von Brunnen bewässert, gibt es auch liier einige, worin Melonen
und Gemüse gezogen werden; Palmbäume aber werden
hier nicht gepflanzt.
Am Abend wurden wir ungemein von den Imrhäds gequält,
die auf die unverschämteste Weise das Innere der Zelte untersuchten,
und zwischen einem von ihnen und unserem feurigen;
bedachtlosen Tunesischem Schuschän entstand ein Streit, weh
eher sehr ernst zu werden drohte, so dass wir der Vorsicht
halber die ganze Nacht wachten.
[Freitag, 26 sfen Julii] Wir hatten eine lange Zeit vergebe
lieh auf Utaeti gewartet und brachen endlich ■ doch ohne
ihn auf. Es war ein schöner, heiterer Morgen im ersten be^
lebenden Stadium der Wärme und die Gegend für den theiL-
nahmvollen Reisenden durch diese wüsteren Zonen der Erde
voll von Keimen des Lebens. Zur Rechten unseres Weges
war das schöne Palmwäldchen, welches von ungleich grösserem
Umfang ist, als das von Rhät, und wohl möglicherweise
an 10,000 Bäume umfasst. Links lagen vereinzelte Küchengärten,
wo die Leute eben geschäftig waren, noch in der Kühle
des Morgens ihr Korn und ihr Gemüse zu bewässern. Sie
kamen heraus, um uns vorbeiziehen zu sehn, aber ohne wohlwollende
oder feindliche Gesinnungen an den Tag zu legen.
Ungleich interessanter als der Anblick dieser stummen Zuschauer
war für uns derjenige der Sudanrinder, welche die
Ziehbrunnen in Bewegung setzten. Die Pflanzung zieht sich
etwa anderthalb Meilen in die Länge und endet dann an
dem Bette eines Giessbaches, welcher noch einen Tümpel
Regenwasser bewahrte. Offenbar hatte sich das von dem
höheren felsigen Boden herabströmende Wasser hier angesammelt.
Weiterhin passirten wir ein anderes kleines Rinnsal,
das mit Büschen wohlbewachsen war und ohne Interesse
sein würde, wäre sein Name nicht unverkennbar aus der
Haussa - Sprache genommen. Es wird „Korämma” genannt,
ein Name, der in Haussa „Regenbach” bedeutet, und bestätigt
so die Annahme, dass das Land ursprünglich der Göber- oder
Haussa-Nation zugehört hat. Der Grund, gerade dieses Rinnsal
mit dem allgemeinen Begriffswort zu benennen, ist wohl
darin zu suchen, dass er sich sehr bedeutend erweitert und
gewissermassen den Anfang des grünen Thalgrundes von
Rhät bildet. Weiterhin jedoch fängt eine Art weit reicheren
Thaies an, das 3— 4 Meilen breit ist, mit dichtem Graswuchs
bewachsen und voll von Ethelbäumen, welche alle die Gipfel
der kleinen Anhöhen krönen. Hier lagerten wir in der Nähe
einer Pfütze schmutzigen Regenwassers, um auf Utaeti zu
warten, der sich noch immer nicht eingestellt hatte. Das
Thal war reich mit Kraut bedeckt und Schaaren von Tauben
und den in den Ruinen von Karthago so zahlreichen Flughühnern
belebten das Wasser. Nahe dabei war ein Brunnen
von nur 2 bis 3 Fuss Tiefe, aber mit sehr schlechtem
Wasser; er heisst Isayen. Alg Utaeti endlich kam, wurde
beschlossen, während der Nacht zu reisen, um die Kel-owi’s
einzuholen, und wir verliessen unseren erfreulichen Lagerplatz
um fl'/s Uhr Abends, vom glänzenden Mondschein begünstigt.
Bei dem eigenthümlichen Charakter der Landschaft
und der Gewissheit, dass es nun endlich vorwärts gehe,
überhess ich mich, meinen Gedanken und der Hoffnung, bald
neue Gegenden zu erreichen, dergestalt, dass ich nicht beachtete,
dass mein leichtfüssiger Meheri allmählich einen an