der Schall hätte die Todten erwecken können, so mächtig
brach er sich am entgegengesetzten Abhange und rollte das
Thal hinunter, aber keine Antwort traf mein Ohr. Ich begriff
nicht, wie die Entfernung so gross sein könne, dass
meine Begleiter meinen Schuss nicht gehört hätten.
Die Sonne stieg auf; obwohl ersehnt, sah ich ihr doch
mehr mit Furcht und Schrecken entgegen. Mit der steigenden
Hitze ward mein Zustand immer unerträglicher. Ich kroch umher,
jeden Augenblick meine Lage verändernd, um ein wenig
Schatten, welchen die laublosen Äste bildeten, zu gemessen. Um
Mittag wich auch der geringste Schatten; nicht einmal genug
blieb, um mein fieberkrankes Haupt zu schützen. Ich litt
unsäglich von Durst, obgleich ich an meinem Blute sog. Endlich
ward ich besinnungslos und verfiel in eine Art von wahnsinniger
Träumerei. Ich kam erst wieder zum Bewusstsein,
als die Sonne sich hinter die Berge senkte, und indem ich
mich aufraffte, kroch ich aus dem Schatten des Baumes hinweg
und warf einen trüben, schwachen Blick über die Ebene.
Da plötzlich traf der Schrei eines Kameeles mein Ohr. Der
klangreichste Ton, den ich je im Leben gehört! Ich erhob
mich etwas vom Boden und sah einen Targi in einiger Entfernung
langsam, nach allen Seiten umherspähend, ■ vor mir
vorbeireiten. Er hatte meine Fusstapfen im Sande bemerkt,
und da er die Spur auf dem steinigen Boden verloren, suchte
er ängstlich, nach welcher Richtung ich mich wohl gewendet.
Ich öffnete meine trockenen Lippen, und mit meiner geschwächt
ten Stimme „aman, aman* -r- „Wasser, Wasser” 1 rufend;
war ich entzückt, zur beruhigenden Antwort das bejahende
„Iwua, „Iwua” zu bekommen. In wenigen Augenblicken sass
er an meiner Seite, wusch und besprengte meinen Kopf,
während ich unwillkührlich in ein oft wiederholtes „el hamdu
lillahl, el hamdu lillähi” ausbrach.
Nachdem mein Retter mich vorsichtigerweise so erfrischt
hatte, reichte er mir einen Trunk. Bei dem gänzlich ausge-'
trockneten Zustand meines Gaumens und in meinem . fieberhaften
Zustand fand ich ihn gallenhaft bitter; dann hob er
mich auf sein Kameel, stieg vor mir auf und eilte den Zelten
zu. Sie waren in beträchtlicher Entfernung. Die Freude
des Wiedersehns, nachdem man mich schon aufgegeben hatte,
war -gross. Meinen Begleitern, welche sich so viel Mühe gegeben,
mich aufzufinden, und so viel Sorge tun mich erduldet,
war ich zu innigem Danke verpflichtet. Anfänglich indess
konnte ich nur wenig und undeutlich sprechen und war während
der ersten drei Tage fast unfähig, etwas zu essen, bis
ich. allmählich wieder zu Kräften kam. Es ist in der That
auffallend, dass der Europäer wenigstens in diesen Gegenden
ganz ausschliesslich nur von dem lebt, was er augenblicklich
zu sich nimmt, und dass er, sowie er einen Tag durch Kränklichkeit
oder sonst verhindert ist, das gewöhnliche Quantum
von Nahrung zu sich zu nehmen, augenblicklich um alle seine
Kräfte kommt. Overweg und ich haben oft .genug Gelegenheit
gehabt, dies zu bemerken.
Bei alledem war ich jedoch im Stande, am nächsten Tage
(Uten Juli) die Anstrengung des Marsches zu ertragen. Wh
hielten uns jetzt mehr gegen den Abhang des Akaküs zu.
Hier passirten wir .ein breites Zweigthal Namens Adar-
n-djelkum, welches reich mit Kraut bewachsen war. Darauf
traten wir mit einem Abstieg von etwa 100 Fuss von dem
steinigen auf sandigen Boden, in eine Art Thalbildung Namens
Ighelfannls, reich mit Ethelbäumen und sseböt bewachsen.
An solchem Platze lagerten wir zwei Stunden nach Mittag,
in der Nähe eines herrlichen Ethelbaumes. Aber unsere
Freude ward durch den starken Nord-Ostwind, der uns selbst
und all unser Gepäck in dicke Sandwolken hüllte, sehr gestört.
Es war jedoch von hohem Interesse, dass unsere Begleiter
uns hier die Spuren der vorjährigen Waizenfelder
zeigten; aber nur in begünstigten Jahren können diese sandigen
Fluren zu solchem Anbau benutzt werden.