Reise meine wärmsten Freunde, hatten bei einem plötzlichen
Überfall alle ihre Kameele weggetrieben, und es darf theil-
weise dem Wunsche, die Gelegenheit, welche sich durch Ankunft
einiger unbeschützter Ungläubigen zu möglichstem Ersatz
ihres Verlustes hot, nicht ungenutzt vorübergehn zu
lassen, zugeschrieben werden, dass sie so feindlich gegen uns
auftraten.
Während wir unser Lager aufschlugen, trieb sich eine
grosse Menge Knaben aus dem Dorfe in der Nähe umher,
und während wir ein gutes Auge auf sie hatten, um ihnen
keine Gelegenheit zur Entwickelung ihrer Geschicklichkeit im
Stehlen zu gehen, konnten wir nicht umhin, ihre schöne
schlanke Gestalt und die lichte, reine Farbe ihrer Haut zu
bewundern. Sie gaben den besten Beweis, dass sich dieser
kleine Stamm nicht mit der Sudanrasse vermischt, obgleich
ihre Tracht von der Sitte der Gegenden, die sie gegenwärtig
bewohnen, berührt ist. Sie trugen nämlich nichts Anderes
als einen kleinen Lederschurz um ihre Hüften, während ihr
Haar in der Weise der Sudanknaben geschoren war, so dass
sich ein etwa 1 Zoll hoher und breiter Kamm Haare von der
Stirn bis in den Nacken zog.
Sobald wir es uns einigermassen behaglich gemacht, beeilten
wir uns, mit den Leuten in Kaufbeziehungen zu treten, um
wieder einen Vörrath von Nahrungsmitteln einzulegen. Hierbei
wurden wir denn bald gewahr, wie irrig die Ansichten waren,
welche wir nach den Berichten Anderer über die niedrigen
Preise von Lebensmitteln in diesem Lande gefasst hatten.
Wir erkannten, dass wir uns die dringendsten Bedürfnisse
nur mit Schwierigkeit würden verschaffen können. Butter
und Käse waren wir nicht im Stande in geringster Menge
zu erlangen, und Negerhirse oder Gero (Pennisetum typhoi-
deum) wurde nur sehr spärlich angeboten. Ausserdem war
der Tausch noch sehr unvortheilhaft für uns, da unsere Waa-
ren, wie gebleichter und ungebleichter Kalliko, Kasirmesser
und dergleichen, zu sehr niedrigem Werthe ahgeschätzt wurden.
Ich war bei alledem noch sehr glücklich, da ich einen
ziemlichen Vorrath von Basirmessem hatte. Ich fand sie
sehr geeignet zum Tausch von Sachen geringen Werfihes. Ein
gewöhnliches Rasirmesser wurde hier mit 10 Sekka Hirse bezahlt,
welche im Landesverkehr ein Drittheil eines Mithkal
werth sind, oder so viel als 333 Kurdi, etwas weniger als
6 Silbergroschen Preuss. Ich war erstaunt, von Ümeli, mit
welchem ich über die hohen Preise der Lebensrnittel sprach,
zu hören, dass die Sakomären, ein später näher zu berührender
Stamm der Imöscharh, welcher grosse Heerden Schaafe
und selbst eine bedeutende Anzahl Rinder besitzt, fast jährlich
einen guten Vorrath Butter nach diesem Lande bringen.
Diese Angabe fand ich denn auch später aus eigener Erfahrung
begründet.
Der eben erwähnte Targi, Ümeli, welcher ein sehr feines
und einnehmendes Wesen hatte, musste sich hier von uns
trennen, da er nach einem Dorfe Namens Aghalen zu gehn
hatte! Weil er bald nach Rhät zurückzukehren gedachte,
gab ich ihm einen Brief mit. Ich glaube, dass es dieser Brief
war, welcher nachmals in geöfihetem Zustande in der Wüste
gefunden und von Nachnüchen selbst an Herrn Dickson, den
Englischen Agenten in Ghadämes, abgeliefert wurde. Von
dem Schicksal des Briefes hatte der Letztgenannte auf ein
mir zugestossenes Unglück geschlossen.
Ausser Ümeli trennten sich hier noch andere Personen von
unserer Karawane; so Boro Sserki-n-turaua, der einige Tage
in Tln-tarh-ode bleiben musste, um die Ankunft von Kameelen
aus Agades zu erwarten; ferner der Tauäter rAbd el Kader und
einige der Tinylkum, welche ebenfalls auf dem Wege nach
Agades waren. Dieser merkwürdige Platz war jetzt nach
den verschiedenen Berichten, welche ich darüber gehört, ein
Gegenstand des grössten Interesses für mich geworden.
Wir wurden den ganzen Tag über in leidlicher Ruhe ge