VIII. KAPITEL.
Die grosse westliche Naturstrasse... Erste Berührung mit den Tuaregs.
[Donnerstag, 13*<™ Juni] Am Morgen verliessen Overweg
und ich in Begleitung Herrn Gagliuffi’s und einiger befreundeten
Eingeborenen die Stadt durch das westliche Thor. Mein
Abschied vom Englischen Agenten war herzlich. Er hatte uns
auf die freundschaftlichste Weise empfangen und gastfreundlich
bewirthet; er hatte lebhafte Theilnahme für unser ferneres
Fortkommen gezeigt, um der Expedition wo möglich
allen Erfolg zu sichern. Dass er in seinen kaufmännischen
Beziehungen zur Mission, die er den Anordnungen der Englischen
Regierung gemäss mit Waaren zu versehen hatte, seinen
eigenen Vortheil bedachte, ist ihm als Kaufmann nicht
zu verübeln; aber nicht zu leugnen ist es, dass es unendlich
besser für uns gewesen wäre, wenn er uns mit einer
zweckmässigeren Gattung von Waaren versehen hätte, als er
wirklich that.
Wir hielten uns im Allgemeinen auf demselben Pfade, auf
welchem wir gekommen waren, und lagerten während der
Mittagshitze in dem dürftigen Schatten, den uns die kleine
Pflanzung von Serghän gewährte, während die nahe Quelle
uns mit einem köstlichen Labetrunk kühlen Wassers versah;'
den wir um so höher schätzten, als das Wasser in Fesän im
Allgemeinen von fadem und salzigem Geschmacke ist. Wir
waren in der Meinung aufgebrochen, dass wir unser Gepäck,
welches schon vor mehreren Tagen aus der Stadt gebracht
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worden war, in „Om el hammäm” finden würden, mussten
aber von den armen Fellahen, welche gelegentlich nach Serghän
kommen, um einigermassen für die Bäume Sorge zu
tragen, hören, dass die Führer damit nach Tigger-urtin weiter
gegangen wären. Da wir indess den Weg nach letzterem
Platze nicht kannten, nahmen wir den Pfad nach Om el hammäm
und lagerten etwa 7 Uhr Nachmittags ein wenig nördlich
von dem halbverfallenen und verlassenen Dorfe. Es ist
aus Lehm gebaut, der eine starke Salzinkrustation hat. Die
Einwohner leben jetzt nur noch in Hütten aus Palmzweigen.
Die Pflanzung, welche mit einer grossen Anzahl von Ethel-
bäumen gemischt ist und überall von Kunstfeldem unterbrochen
wird, hot einen lebhafteren Anblick dar, als es mit den
Pflanzungen dieses Landes gewöhnlich der Fall ist.
So fühlten wir uns denn auch, nachdem wir unser Zelt in
der Nähe eines grossen Ethelbaumes aufgeschlagen, ganz behaglich
und um so gemüthlicher, da wir das Glück hatten,
einige Eier zu erlangen, die, reichlich mit Zwiebeln gebraten,
ein sehr schmackhaftes Abendessen abgaben.
Nachdem wir uns hier gründlich Auskunft über den Weg
nach Tigger-urtin verschafft, verfolgten wir am nächsten Morgen
unseren Weg nach jenem Dorfe, indem wir beinahe einen
rechten Winkel gegen Norden zu machten, und überschritten
eine öde Ebene, mit dicker Salzkruste überzogen, nachdem
wir die anmuthige Pflanzung von Om el hammäm verlassen.
So erreichten wir denn das heimathliche Dorf unserer Ka-
meeltreiher, das ganz aus Palmzweigen gebaut ist, suchten
aber vergeblich nach einem leidlichen Lagerplatze, während der
starke Wind die Luft ganz mit Sand anfüllte. Zuletzt schlugen
wir unser Zelt wenige Schritte südlich vom Brunnen auf.
Der Tag war ungemein heiss und drückend und der Wind
nichts weniger als erfrischend; in der That war es einer der
heissesten Tage, die wir überhaupt auf unserer Reise hatten,