nissen innerhalb eines Stammes gänzlich unabhängig ist, führen die
unter malaiischem Einfluss am Kapuas und mittleren Mahakam sesshaften
Bahau den ngarang doch viel seltener aus als die am oberen
Mahakam; wahrscheinlich ist auch hier der Spott seitens der zahlreichen
Fremden daran Schuld.
Reichen Beifall finden bei den Bahau die Rezitationen ihrer zahlreichen
Ueberlieferungen aus der Stammesgeschichte oder ihrer Legenden
aus der Geisterwelt. Stets finden sich eine grosse Menge
Zuhörer zu diesen Vortragsabenden ein. Die Rezitationen werden von
Schlägen auf einen über einen Schild gespannten und von zwei kleinen
Holzsäulchen getragenen Rotangbogen begleitet (Taf. 17). Die
Schläge werden von der rezitierenden Person selbst ausgeführt und
geben den Rhythmus an. Erwägt man, dass der Vortrag frei nach dem
Gedächtnis stattfindet und häufig eine ganze Nacht, bisweilen mehrere
Nächte hintereinander dauert, so erscheint es begreiflich, dass nur
wenige Personen mit ausgezeichnetem Gedächtnis und der besonderen ■
Fähigkeit, ihre Gedanken nach bestimmtem Mass wiedergeben zu können,
^hierzu im Stande sind. Der Wert der Vorträge ist denn auch
individuell sehr verschieden, und die guten Sänger und Sängerinnen
werden von ihren Dorfgenossen als besonders begabt und mit einem
besonderen Geist aus Apu Lagan beseelt angesehen. Sowohl Männer
als Frauen halten diese Vorträge und jeder beschränkt sich auf eine
oder mehrere bestimmte Ueberlieferungen ; diese sind bei jedem Stamme
verschieden. Die Rezitatoren können zu den Priestern gehören, doch
ist dies, keine Notwendigkeit. Auch zeichnen sich nicht immer nur
Erwachsene durch ihr Talent aus. Die auf nebenstehender Tafel abgebildete
Künstlerin ist z. B. ein erst 16—17 jähriges Kajanmädchen
vom Mahakam, das sich durch die Richtigkeit ihrer Erzählungen und
ihre angenehme Vortragsweise bei ihren Stammesgenossen einer aus-
sergewöhnlichen Bewunderung erfreute. Derartige Rezitationen finden
nicht häufig statt, stehen auch nicht mit religiösen Gebräuchen in Verbindung
; sie werden vorgenommen, wenn zufällig viele, von des Tages
Last und Mühe nicht zu stark ermüdete Menschen beieinander sind.
Die Rezitationen finden in der grossen Galerie vor der Häuptlingswohnung
statt ; der Vortragende lehnt sich an die Wand und die
Zuhörer lagern sich um ihn herum. Einige singen den Refrain der
verschiedenen Verse, in welche die Erzählung zerfällt, mit; die meisten
jedoch sitzen oder liegen schweigend auf dem Boden und kürzen