dieser Ketten, zwischen den beiden völlig gleichen Seitenteilen, finden
sich bunte, mit Rosetten und Streifen verzierte Perlen in unbestimmter
Reihenfolge eingefügt. Dies Mittelstück enthält die allerverschiedensten
Sorten, sowohl die schön gezeichneten neuen als die alten
sehr wertvollen neben einander. Da die Bahau sonst viel Geschmack
zeigen, scheinen sie in diesem- Falle mehr auf die Schönheit der einzelnen
Perlen Wert zu legen als auf den Eindruck, den sie im ganzen
machen. Das gleiche gilt für die Gürtel, die aus noch grösseren
und den grössten Perlen zusammengesetzt und von Frauen, bisweilen
auch von Männern, getragen werden. Auch diese Schnüre bestehen
aus zwei Seitenteilen, für die eine oder zwei verschiedene Perlenarten
gleicher Farbe verwendet werden, während man für das Mittelteil mehr
oder weniger alte und hübsche Perlen ohne Rücksicht auf Form und
Farbe aneinander reiht. Einige Stämme bevorzugen jedoch für diesen
Leibesschmuck bestimmte Perlenarten. Während z. B. die Anwohner
des Ivapuas und Mahakam sowohl für Halsketten als Gürtel am liebsten
Perlen mittlerer Grösse verwenden, ziehen die Könja für den
gleichen Zweck grosse, schön gearbeitete Perlen aus Glas, Porzellan
oder Fayence vor; auch sie achten auf bestimmte Formen und schöne
Zeichnung.
Die wichtigste Rolle spielen die Perlen bei den Dajak gelegentlich
verschiedener Lebensereignisse und beim Gottesdienst. Den alten Perlen
werden zwar keine schutzbringenden oder übernatürlichen Kräfte zuge-
schrieben, aber bei religiösen Zeremonien opfert man sie als schöne, kostbare
Geschenke den Geistern, um diese in gute Laune zu versetzen. Kerner
bringt man die beiden Seelen des Menschen häufig mit alten Perlen
in Berührung, um ihnen etwas Angenehmes zu erweisen, besonders um
die mit dem lebenden Körper nur locker verbundene bruwa -am Entfliehen
zu verhindern oder zur Rückkehr zu bewegen.
Die Art und Weise, in welcher Perlen im allgemeinen bei bestimmten
Lebensereignissen und religiösen Zeremonien von Laien, Priestern
und Künstlern verwendet werden, ist gelegentlich bereits ausführlich
behandelt worden.
Der Umstand, dass Perlen im Leben der Bevölkerung Borneos nicht
nur als täglicher Schmuck und kostbare Kleinodien dienen, sondern
auch für die Herstellung künstlerisch schöner Arbeiten und religiöse
Zeremonien benützt werden, spricht dafür, dass Perlen von Alters her
bei ihr in Gebrauch gewesen sein müssen. Bei den gegenwärtigen Bahau
fand ich keine Spur, die daraufhinwies, dass sie in f™ h^ n
mehr aus Natursteinen, von ihnen selbst verfertigte er e
hätten, obgleich dies sehr gut möglich wäre. Da alle alten, kostbare
Perlen die ich sah, eingeführt worden waren und aus Glas, Porzellan
oder glasiertem Ton bestanden, kann eine eventuelle Herstellung von
Perlen aus Natursteinen nur während einer sehr frühen Periode stattgefunden
haben. , . ,
Betrachtet man die vielen verschiedenen Perlenarten, die be
Eingeborenen Borneos einen eigenen Namen tragen und daher lange
unter ihnen zirkuliert haben müssen, so zeigt es sich, dass sowohl alle
alten als alle neuen Perlen mit den vielen Arten von Kunstperlen,
die auch in anderen Gegenden des indischen Archipels vielfach Vorkommen
und nicht nur gegenwärtig in allen Weltteilen verbreitet sind,
sondern auch als Ueberreste lang verschwundener Kulturzentren gefunden
werden, völlig übereinstimmen.
Einen Beweis dafür, dass in der Tat viele Perlenarten, die man
über den indischen Archipel verbreitet findet, übereinstimmender Natur
sind, erhielt ich im Jahre 1898 in Batavia, als mir Dr. C. Snouck
Hurgronje alte Perlen zeigte, die ein Araber in den Lampong-Distnkten
in Süd-Sumatra aufgekauft hatte, um sie später auf Timor sehr vorteilhaft
zu verkaufen. In Süd-Sumatra sind diese gelbbraunen Perlen
nämlich infolge der zunehmenden Entwicklung der dortigen Bevölkerung,
gleichwie auch an den Küsten Borneos, sehr billig zu haben,
während sie auf Timor, wo sie unter dem Namen muh salah oder
• muti tanah bekannt sind, noch einen hohen Wert besitzen. Auch unter
den Bahau sind diese Perlen sehr geschätzt. Noch merkwürdiger ist
die Tatsache, dass Einwohner von Kroe in Benkulen, an der Westküste
Sumatras, gegenwärtig (1902) nach West-Borneo und von dort
den Kapuas aufwärts ins Innere der Insel ziehen, um ihre alten Perlen
den Bahaustämmen zu verkaufen. Aus dem Kapuasgebiet zogen sie
sogar über die Wasserscheide zum Mahakam, fuhren den Fluss hinab
bis zur Ostküste und kehrten von dort in ihre Heimat zurück nachdem
sie auf dieser Reise quer durch die Insel ihre Perlen sehr vorteilhaft
an den Mann gebracht hatten.
Während die Herkunft der Perlen aus Natursteinen leicht bestimmbar
ist, da de* Batu Boh z. B. aus dem Boh selbst stammt oder als
Ge^öllstein im unteren Teil des Mahakam gefunden wird fehlen für
Kunstperlen dera-rtige Anhaltspunkte. Die auf Tafel 59 in Fig. 1 10