Mitte einen dreieckigen weissen Raum einschliessen, in den an der
Kopfseite noch eine kleine Zunge hineinragt. Inbezüg auf Form und
Stellung des Horns hat man sich die Freiheit erlaubt, es oben auf
dem Kopf entspringen zu lassen und es nach vorn gerichtet, während
nach hinten noch ein kleineres Horn angebracht ist. Eine derartige
Figur heisst ustmg (Nase) tmggang (Rhinozerosvogel).
Auch für die Komposition des Mittelstückes a von Tätowierung E auf
Tafel 86 Teil I ist ein klinge nsung tmggang gebraucht worden; hier
hat der Kopf im allgemeinen die gleiche Form, das Horn ist nach
hinten gebogen und vor ihm sind noch drei kleine Vorsprünge angebracht.
Da jede Tätowierfigur sich von der anderen in Einzelheiten unterscheidet,
ist die Abwechslung im Motiv des ustm? tingfranp sehr s?ross• 0 O O ö o o - )
in dem hier behandelten klinge wechselt der tinggang jedoch mit dem
aso ab, der ebenfalls die eigentümlichsten Formen annehmen kann,
jedoch stets durch die in der Schnauze sichtbaren Zähne zu unterscheiden
ist. Dies ist z. B. sehr deutlich der Fall bei Fig. d auf Tafel
88 und Fig. b auf Tafel 87 Teil I. Um auf dieser Tafel auch in a
eine «w-Figur zu sehen, muss man der Bahauphantasie einen sehr weiten
Spielraum lassen. Auch hier kommen aso an der Unterseite, rechts
und links von der Mitte vor, aber stark stilisiert. Am erkennbarsten
sind die Kiefern 2 und 4 mit den Zähnen 5, während die Zunge 3
dazwischen liegt. Die Spiralen über dem Oberkiefer muss man am
Ende als ein stilisiertes Nasenloch auffassen, die an der Stelle des
Kopfes vielleicht als das stilisierte' Auge. Man hat es hier also der
Zähne wegen in der Tat mit einem aso und nicht mit einem tinggang
zu tim.
Auch bei der Zusammenstellung der klinge für die Handtätowierung
gebraucht man gern den Kopf des Rhinozerosvogels und benennt diese
denn auch nach ihm. Von solchen klinge tisung tinggang geben uns
die untersten von b auf Tafel 92 Teil I und die untersten von b auf
Tafel 93 Teil I eine gute Vorstellung. Bei b auf Tafel 92 kommt
der tinggang-Kopf in der Mitte von jeder Hälfte vor und ist am Auge
unterscheidbar, das als weisser runder Eieck mit schwarzem Punkt angegeben
ist. Hieran schliesst sich nach unten und innen der lange Schnabel,
auf dem sich oben ein einfaches Horn erhebt, das nur wenig gebogen ist
und beinahe parallel der Oberseite des Schnabels nach unten läuft.
Stark umgebildet sind die ustmg tinggang auf Taf. 93 Teil I Fig. b.
In dem untersten klinge dieser Figur ist zu beiden Seiten der Mitteais
weisser Kreis in einem schwarzen Fleck das Auge eines Buceros-
kopfes erkennbar, der nach unten und aussen schmäler verläuft und
dort in eine grosse schnabelförmige Figur endet. Diese besteht aus
zwei dünnen, zur Schnabelspitze zusammenfliessenden Linien, zwischen
denen ein länglicher weisser Raum, rechts mit einer kleinen Zunge
zu unterscheiden ist. Auf diesem Schnabel, vor den Augen, laufen
zwei gebogene Linien als Hörner nach oben und aussen.
Unter den Verzierungsmotiven, welche nicht ganzen Tieren, sondern
nur einzelnen Teilen derselben entlehnt werden, verdienen noch zwei
genannt zn werden. Zuerst der k%rip (Feder) kwe (Argusfasan). Von den
besonders schön gezeichneten Federn dieses Tiers fallen die Flugfedern,
auf denen eine lange Reihe von Augen vorkommt, am meisten auf. Diese
Augenreihe gebrauchen die Bahau als Motiv für die Seitenstücke der
Schenkeltätowierungen. Sie bezeichnen sie auch in stilisierter Form
mit kalong (Verzierung) kerip kwe. Fünf dieser Stilisierungen sind auf
Taf. 90 Teil I zu sehen, eine sechste ist b in der Schenkeltätowierung
E auf Tafel 86 Teil I benützt worden.
Die Bahau bringen die Figuren, wie sie auf der Handtätowierung
a von Taf. 92 Teil I Vorkommen, mit dem gefleckten Fell des borneo-
schen‘ Panthers in Verbindung. In der Tat kommen mitten indersehr
hübschen Kombination von feinen Linien viele grosse dunkle Flecken
vor, die mit der kulit kille (Pantherhaut) einige Ähnlichkeit zeigen.
Meiner Meinung nach ist es jedoch nicht wahrscheinlich, dass dies
Motiv dem Künstler vorgeschwebt habe ; viel eher wird die entfernte
Übereinstimmung zu diesem Namen geführt haben.
Eine besondere Bedeutung als Ornamentmotiv hat bei den Bahau
und K§pja der männliche und weibliche Genitalapparat erhalten, was
teilweise auf der in hohem Grade schutzbringenden Wirkung, die ihm
zugeschrieben wird, beruht. Diese Überzeugung hat dazu geleitet, dass
Abbildungen von Genitalien überall, wo böse Geister abgeschreckt
werden sollen, angebracht werden. Am Mahakam sieht man sie denn
auch vor allem auf den vom Fluss zum langen Hause führenden Holzstegen,
wo man sie roh mit dem Beil aus, Brettern gehauen zugleich
mit Masken von Ungeheuern und Menschenfiguren mit grossen Genitalien
angebracht findet.
An den Häusern selbst sieht man diese rohen Nachahmungen nicht
mehr; hier hat der den Dajak innewohnende Schönheitsdrang dazu