Häuptlinge der Bahau, wie K w in g I r a n g , der auch für das allgemeine
Wohl Verständnis besass, auch einsahen. In wie weit dieses Motiv
ihn dazu trieb, mich ständig, wenn auch oft für andere unmerklich,
in meinem Plan zu unterstützen, war ich nicht zu beurteilen imstande.
Fürchteten die Bahau für sich selbst die zahlreichen Gefahren der
Reise, so waren sie in nicht minderem Masse auch um mein Leben
und das meiner Mitreisenden besorgt. K w in g I r a n g und sein Stamm
beunruhigte auch der Gedanke, dass die niederländische Regierung
für ein eventuelles Unglück, das uns zustiess, sich an ihnen rächen
könnte. K w in g war daher auch von Anfang an dafür, dass nicht nur
seine Kajan, sondern alle Stämme am oberen Mahakam Vertreter mit
mir sandten, damit das ganze Gebiet gemeinschaftlich die Verantwortung
für unsere Sicherheit auf sich nehme. Da die jungen Männer der
verschiedenen Stämme alle Lust zum Unternehmen zeigten, hätte dieser
Punkt keine Schwierigkeiten verursacht, wenn die anderen Umstände
nur günstig gewesen wären. Selbst der malaiische Häuptling T em en g g u n g
I t j o t aus dem Mörasegebiet hatte sich mit seinem Gefolge und dem
jungen Häuptling Ib au L i zur Teilnahme an unserer Expedition vorbereitet.
Sie wollten nämlich bei dieser Gelegenheit die Trauer für ihre
Verstorbenen ablegen, T em en g g u n g I t jo t für seinen kleinen Sohn, Ib au
L i für seinen Vater Bo Li. Beide waren, wahrscheinlich aus Furcht vor
mir, nicht dazu gekommen, die Trauerperiode nach der am Murung
herrschenden Sitte durch ein Menschenopfer abzulegen und wollten
der adat daher nach Bahauweise durch die Unternehmung einer grossen
Reise und den Kauf eines alten Kopfes Genüge leisten.
Diese Ma-Suling, die durch den Tod des Häuptlings O b e t D ew o n g
verhindert gewesen waren, mit mir nach der Küste zu reisen (T. I
pag. 410), begaben sich aber nach langem Warten, als mein Zug
zu den Künja zu missglücken schien, nach dem Murung, erhandelten
dort zwei alte Sklavinnen und töteten diese auf der Rückreise an der
Mörasemündung, um durch Darbringung dieses Opfers die Trauerzeit
abschliessen zu können. Sie hatten die Tat gewagt, nachdem ich bereits
zum Boh aufgebrochen war.
Die Absicht aller Stämme am oberen Mahakam, mich zu den
Kenja zu begleiten, war zwar ein willkommener Beweis von ihrem
Bestreben, mich zu unterstützen, da aber jeder Mitreisende seine eigenen
Interessen verfolgte, verursachte die Beteiligung einer so grossen Personenzahl
viele Schwierigkeiten. Eine gemeinsame, wenn auch nur
vorläufige Beratung über den Reiseplan erschien daher dringend nötig,
und so suchte ich denn eine Versammlung, trotz des anfänglichen
Widerspruchs der Kajan, zu Stande zu bringen. In einer Zusammenkunft
rrjit K w in g I r a n g und seinen Ältesten wurde beschlossen, dass
die Beratung in Long Tüpai bei Bo L e a stattfinden sollte.
Zu diesem Zwecke sollte ich flussabwärts nach Long Töpai fahren,
während K w in g I r a n g vom Mörase aus, wohin er mit seiner Frau
H iä n g und seiner Pflegetochter K e h a d reiste, sich dorthin verfügen
wollte. Am 12. November waren in der Tat alle in Long Töpai versammelt;
mit K w in g I r a n g war auch T em In g g u n g I t jo t , als Vertreter
der Ma-Suling, .eingetroffen. Zuerst hielten die Häuptlinge untereinander
eine Beratung, in der beschlossen wurde, dass Bo L e a zuerst
allein nach Apu Kajan reisen sollte, um . Bui D ja lo n g zu fragen, ob
die Mahakambewohner unsere Expedition zu ihnen geleiten dürften.
Am folgenden Tage wurde mir dieser Plan abends in Bo L e a s Galerie
vorgelegt, wo sich alle Häuptlinge mit ihren Wortführern eingefunden
hatten. In der Regel schweigen nämlich die Häuptlinge in
solchen öffentlichen Versammlungen und überlassen ihrem klügsten
und redegewandtesten Mantri das Wort; nur energische Häuptlinge
wie der Pnihing B e l a r e sprachen oft auch persönlich ihre Ansichten
aus. Hier in Long Töpai hatte der Häuptling Bo T iju n g die leitende
Rolle zugewiesen, der, trotz seiner Abstammung von den Barito-Dajak,
in Wirklichkeit das ganze Dorf regierte.
Vor Beginn der Versammlung wurden alle Anwesenden durch das
Gerücht, der Kontrolleur sei bereits in Udju Töpu angelangt, erfreut
und beruhigt. Ein Barito-Dajak, Häuptling einer Gesellschaft Busch-
produktensucher, behauptete sogar, diese Nachricht habe in einem
Brief, der von der Küste gekommen sei, gestanden; ein Umstand, der
alle Anwesenden zu überzeugen schien.
Im Grunde hatte ich es in der Versammlung nur mit Bo T iju n g
zu tun, der stets wieder betonte, dass man gegen das Unternehmen
sei, weil der Mord am Tawang noch: nicht gesühnt wäre. Die anderen
Gründe^ die Angst vor den Könja, den Zweifel an der Ankunft des
Kontrolleurs und die Furcht vor der Ungnade des Sultans, erwähnte
Bo T iju n g überhaupt nicht! Zur Beseitigung der von ihm angeführten
Schwierigkeit verlangte er, Bo L e a solle sich zuerst auf Kundschaft
nach dem Apu Kajan begeben. Hierauf konnte ich jedoch durchaus
nicht eingehen, da diese Reise vier Monate, wahrscheinlich noch viel