Da sie stark an Reismangel litten, bot ich sogleich an, sie zu beköstigen
; auch gelang es mir, einige von ihnen vom Fieber zu kurieren,
wonach T am an U low sofort Vertrauen zu mir fasste und mit seinen
Mitteilungen nicht sparte. Nach seinem Bericht war Bui D ja lo n g erst
vor kurzem von einer Reise ins englische Gebiet zurückgekehrt, wohin
er sich mit vielen anderen Häuptlingen und 1 200 Mann begeben hatte,
um einem Ruf des Radja nachzukommen. Nach Bui D ja lö n g s Heimkehr
war dessen Tochter K u l in g gestorben, um die er noch mit dem
Stamme trauerte. Aus allem ging hervor, dass ich in den verflossenen
Monaten zu ungelegener Zeit nach Apu Kajan gekommen wäre, ein
Trost für mich, keine gute Gelegenheit verpasst zu haben. Die ferneren
Berichte der Könja spornten mich noch mehr zur Durchsetzung
meines Plans an. Ich hatte nämlich bereits zu Beginn meiner Reise
1898 gelesen, dass man sich in Sörawak bemühte, mit den Bewohnern
von Apu Kajan in Berührung zu kommen, und dass der Resident des
Baramdistrikts, Dr. H o se, schon damals prophezeit hatte, er werde zwei
Jahre brauchen, um die Häuptlinge des niederländischen Gebiets zu
einer Zusammenkunft auf englischem Boden zu bewegen. Es sprach
sehr für Dr. H ose’s Kenntnis der Menschen und Verhältnisse, dass
die betreffenden Häuptlinge in der Tat zwei Jahre darauf, wenn auch
nach langem Zögern, hinübergekommen waren. In einer Versammlung
zu Claudetown waren Bui D ja lo n g mit Gefolge dazu gebracht worden,
sich durch einen Regierungsdampfer nach Kutjing vor den Radja
bringen zu lassen ; mit den im Range niedriger stehenden Häuptlingen,
die mit ihrem Gefolge ebenfalls einer gleichzeitigen Einladung gefolgt
waren, geschah dies nicht. In Kutjing hatte der Radja Bui D jalo n g
vorgeschlagen, mit seinem ganzen Stamm auf englisches Gebiet überzusiedeln,
worauf der Häuptling jedoch nicht eingegangen war. Diese
Vorgänge überzeugten mich doppelt stark von der Notwendigkeit einer
Reise zu den Könja, um durch persönliche Berührung mit deren Stämmen
den Erfolg späterer Bemühungen von Sörawakischer Seite zu-vereiteln.
Alle beunruhigenden Gerüchte über Rachezüge, welche die Könja
ins Mahakamgebiet unternommen haben sollten, erwiesen sich als aus
der Luft. gegriffen; die Reise T aman D aus stand damit in keinem Zusammenhang,
und von Bui D ja lo n g war nur ein anderer tüchtiger
Häuptling der Uma-Bom, T aman L i , zu den Könja an den Tawang geschickt
worden, um wegen der Busse für seinen ermordeten Enkel zu
unterhandeln.
Ich hatte nun keine Ursache mehr, mich selbst zu den Könja von
T aman D au unterhalb der Wasserfälle zu begeben, und beschloss daher,
um so schnell als möglich Nachrichten und Geld von Batavia und der
Küste zu erhalten, meinen Diener M id an mit einigen Malaien den Fluss
hinunter zu schicken, mit dem Auftrag, möglichst bald zurückzukehren.
M id an hatte sich in den 3 Jahren, in denen wir zusammen reisten,
ganz an das Leben der Dajak gewöhnt, trug im Walde und auf dem
Flusse gern ihre Kleidung, ruderte und steuerte die Böte und verstand mit
den Dajak sehr gut umzugehen. Uber Ehrlichkeit hatte er zwar seine
eigenen Ansichten, doch war er mir durch seine Energie und seinen
Mut sehr viel wert; auch jetzt zeigte er sich, trotz der beunruhigenden
Zustände am mittleren Mahakam, zur Reise bereit. Sobald der Wasserstand
es zuliess, half mein ganzes Geleite von Malaien M id a n mit
seinem Boote über den Kiham Udang. M id an nahm einen Teil unserer
neu angelegten Sammlungen von Vögeln und Ethnographica mit
zur Küste und kehrte zwei Monate später nach erfolgreicher Reise zurück.
Bald nach unserer Ankunft in Long Döho hatten die Long-Glat,
die mit mir gereist waren, meine Malaien und ich an Influenza zu
leiden angefangen. Auch im Jahre 1897 waren wir, damals aber in
Udju Tfepu, an dieser Epidemie erkrankt. Bei vielen trat noch eine
schwere Malaria hinzu, so dass die Long-Glat aus Long Töpai, die
unter diesen Umständen schnell heimkehren wollten, sich nur durch
den fortwährend hohen Wasserstand zurückhalten Hessen. Nach Aussagen
der Bevölkerung war die Krankheit wahrscheinlich durch einige
Böte mit Ma-Suling von der Küste eingesehleppt worden.
Der alte Häuptling Bo A d jan g L edj'ü war, augenscheinlich auch
infolge der Influenza, während meiner Abwesenheit körperlich sehr
heruntergekommen. Chronisches Fieber, Husten und Appetitlosigkeit
hatten den 90 jährigen Mann so geschwächt, dass er kaum noch auf
der Matratze sitzen konnte. Trotz aller meiner Bemühungen, ihn wieder
herzustellen, wollten Schwäche und Apathie nicht weichen, was mich
ernsthaft besorgt um ihn machte.
Der Aufenthalt in Long Döho wurde mir, ausser durch die Influenza
noch dadurch sehr unangenehm, dass auch jetzt wieder Händler und
Waldproduktensucher von den verschiedensten Stämmen Borneos, die
mehr auf ihr Glück im Spiel als auf ihre Arbeitsleistung rechneten,
durch ihre Leidenschaft für Hazardspiel und Hahnenkämpfe viel Unruhe
in das Dorfleben brachten.