Arzneien zu holen, zu mir kamen; sie erwarteten aber alle ein kleines
Gegengeschenk, wobei ich stets darauf achten musste, wer der
Vornehmste und wer der Geringste in ihrer Gesellschaft war. Hieraus
entstanden bisweilen viele Schwierigkeiten, da ich die Verhältnisse der
Personen nur schlecht kannte und diese durch Fragen nicht in Verlegenheit
bring-en wollte. Als ich Bui D ja l o n g meine Verwunderung o 0
darüber aussprach, dass meine Besucher aus der Ferne mit einer
solchen Selbstverständlichkeit Ansprüche auf meine Tauschartikel
erhoben, erklärte er mir, es sei Sitte bei den Könja, dass Handelsreisende,
die von weitem heimkehrten, ihren Familiengliedern und Bekannten
ein kleines Geschenk (salambd) mitbrachten, und dass man
daher mich, der ich ebenfalls aus der Ferne gekommen war und mich
mit allen gut stellen wollte, für diese Freundschaft eine, kleine Steuer
bezahlen liess. Übrigens erhielt ich selbst oft auch auffallend grosse
Geschenke ; einige Häuptlinge brachten eine ganze Ziege oder verkauften
diese um billigen Preis, andere reichten einen ganzen Korb
voll Reis oder ein Ferkel dar, und da, wenn ich mit einiger Vorsicht
zu Werke ging, meine Tauschartikel ausreichten, unterwarf ich mich
gern ihrer Sitte.
Eines Mittags bewiesen die jungen Leute von Tanah Putih, dass ihnen
sehr daran gelegen war, uns den Aufenthalt bei ihnen so angenehm
als möglich zu machen. Bui D ja l o n g kam mir melden, dass sie in
Anbetracht der grossen Anzahl Besucher, die ich ständig bei mir hatte,
meine Hälfte unserer Hütte vergrössern wollten und brachte gleich 60
Mann mit. Anfangs setzte ich, der vorgerückten Tagesstunde wegen, in
einen Umbau meiner Wohnung nicht viel Vertrauen, aber ich ergab mich
wie gewöhnlich in ihre Pläne, da ich sie nicht gut beurteilen konnte.
Meine Sachen wurden sehr geschickt in den von meinem Personal
bewohnten Teil der Hütte hinübergetragen, wohin man auch mich zu
gehen aufforderte. Letzteres war kaum nötig gewesen, denn schon
während des Sachentransports waren andere auf das Dach gestiegen,
hatten schnell die Rotangstricke von den Schindeln losgeschnitten
und binnen kurzer Zeit das Dach fortgenommen. Sehr bald
waren auch die Wände verschwunden und dann begannen die Männer
die Hütte etwas breiter wieder aufzubauen. Das hierfür notwendige
Material lag schon zur Hand, und noch vor Sonnenuntergang sass
ich wieder wohl eingerichtet in meinem Hause, jetzt weit bequemer
als zuvor. Man hatte zu dieser Arbeit einen Tag ausgesucht, an dem
sich alle Bewohner in der Niederlassung befanden, weil das Saatfest
beginnen sollte. Abends lag ich bereits sehr müde in meinem Klambu,
als man mich nach oben ins Häuptlingshaus rufen liess, wo 50 Mann,
die in der äwä in einer Reihe standen, eine Art von „ngarang” aufführen
sollten. Alle hatten ihre besten Kleider an. Die bewährten
Krieger trugen besonders schöne und gut erhaltene Kriegsmäntel
aus Pantherfellen und Tinggangfedern, auch wohl aus langhaarigen
Ziegenfellen, und Kriegsmützen mit hübschen Ledern auf dem Kopfe.
Die kräftig und schön gebauten jungen Männer standen mit dem
Rücken zu uns gekehrt und bewegten sich nach den Tönen der kledi^
welche von zwei Männern gespielt wurden. In langsamen Schritten
zogen sie an uns hin und wieder zurück, erst rechts fortschreitend,
dann wieder links. Einige Hundert Männer und Frauen, unter ihnen
auch unsere Kajan und Malaien, bildeten die Zuschauer. Auf der grossen,
dunklen, nur von einer Lampe und einigen Harzfackeln erleuchteten
Galerie boten die kräftigen, malerischen Gestalten, dre sich streng
nach „dem Rhythmus der Musik bewegten, ein sehr eindrucksvolles
Schauspiel; für uns Lremde war der Anblick besonderes interessant, da
wir garnicht daran gewöhnt waren, so viele Personen auf Kommando
mit einer bei den Bahau gänzlich unbekannten Genauigkeit sich bewegen
zu sehen, überdies in einem Kriegskostüm, das nicht nur durch
seine eigentümliche Lorm, sondern auch durch seine Schönheit alles,
was ich an derartigem bei den Bahau gesehen hatte, bei weitem übertraf.
Auf den Krifegstanz folgte erst ein Tanz jüngerer Männer und
dann einer von Frauen; alle bewegten sich mit der gleichen grossen
Ruhe und streng rhythmisch.
Auch meine Malaien und Kajan standen- lebhaft unter dem Eindruck
des für sie aussergewöhnlichen Schauspiels. Sie sassen alle bewegungslos
in stummes Staunen versunken und waren nicht dazu zu
überreden, auch ihrerseits etwas zum besten zu geben. Einer der Band-
jaresen aus Samarinda versuchte zwar einen malaiischen Tanz vorzu-
fühien, spielte aber nach dem eben Genossenen eine traurige Ligur.
Der ängstliche K w in g wusste nichts Besseres vorzubringen, als seine
Besorgnis darüber auszudrücken, ob das Haus, das übrigens sehr fest
gebaut war, die Last aller dieser Menschen wohl aushalten würde.
Als ich Bui D ja l o n g am anderen Morgen meine Anerkennung über
die Vorstellung ausdrückte, zeigte er mir einige Kisten in der Galerie,
die speziell zui Aufbewahrung der Kriegsausrüstungen dienten; sie