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Kriege diese und ihren Anhang immer höher den Fluss hinauf trieben
bis in das noch unerforschte Quellgebiet des Murung. Die malaiischen
'Reiche im Osten der Insel sind auf die Küstenstreifen beschränkt, mit
Ausnahme des mächtigen Sultanats von Kutei, das sich bis zum Mujub
hinauf ausdehnt.
Wds die Unterwerfung von Stämmen und die hieraus erwachsenden
Herrschet rechte betrifft, so huldigen die Malaien der höchst eigentümlichen
Auffassung, die übrigens nicht auf Borneo beschränkt ist, dass
jedem malaiischen Fürsten, der im Stande ist, sich an einer Flussmündung
zu halten und dort den Handelsmarkt zu beherrschen, das
ganze Gebiet des betreffenden Stromes zugehört und dass alle Stämme,
die an diesem wohnen, ihm tributpflichtig sind. Diese Auffassung ist
insofern praktisch sehr wichtig, als die Fürsten beim Abschluss eines
politischen Kontrakts diese Ansprüche stets den Europäern gegenüber
geltend gemacht haben, und da diesen öfters die wahren Verhältnisse
an den Flussoberläufen gänzlich unbekannt waren und sie die Macht
der Malaien sehr überschätzten, 'sind hierdurch Kontrakte geschlossen
worden, die überhaupt nicht auf einen tatsächlich bestehenden Zustand
gegründet sind.
Von grösser Bedeutung für den Einfluss,' den die Malaien auf
die ursprünglichen Dajak ausgeübt haben, ist der Umstand, dass,
infolge der starken europäischen Nachfrage nach Waldprodukten
die Malaien tiefer und tiefer ins Innere gedrungen und gegenwärtig
beinahe überallhin gelangt sind, wenn man auch in Mittel-Borneo
nur mit malaiischen Individuen und nicht mit malaiischen Reichen zu
rechnen hat.
Untersuchen wir im folgenden, ob dem malaiischen Volkswesen, das
so viele Jahrhunderte mit Kulturvölkern in Berührung gewesen ist, wie
man erwarten sollte,- in der Tat ein so viel höherer Grad der Entwicklung
eigen ist als dem dajakischen und in wie weit es auf letzteres
fördernd hat wirken können.
An der Westküste, wo die Sultanate von Sambas und Matan sich
fast selbständig haben entwickeln können, finden wir eine malaiische
Bevölkerung, die am liebsten von Handel und Fischfang (früher auch
von Seeräuberei) lebt, die sich nur im Notfall mit Ackerbau beschäftigt
und auf industriellem Gebiet wenig produziert. Obgleich die Malaien
auf ihren Handelsreisen ständig mit höher entwickelten Völkern
in Berührung kamen, steht in Sambas der Ackerbau doch noch auf
der gleichen niedrigen Stufe wie bei den im tiefsten Innern wohnenden
Dajak. Hier lernte ich zum ersten Mal das Fällen und Verbrennen
von Wald und Busch und das Pflanzen von Reis, Mais, Bataten und
Zuckerrohr in den mit Asche bedeckten Boden kennen. Der Acker
erfährt hierbei keine andere Behandlung, als dass mit einem zugespitzten
Holzstock Löcher in den Boden gestossen werden, in welche
später die Saat gelegt wird; beim Pflanzen von Zuckerrohr werden
kleine Erdhaufen aufgeworfen. Jährlich oder alle 2 Jahre werden
auch bei den Malaien die Felder verlegt; sie entschliessen sich jedoch
nur schwer, zur Anlage eines neuen Ackers'Urwald zu fällen, und begnügen
sich mit einem Boden, der mit höchstens 5-^-6 Jahre altem
Strauchwerk bewachsen ist. Was das Gewerbe in Sambas betrifft, so
wird' fast alles Eisenwerk und Kattun eingeführt; an Gegenständen,
deren Verfertigung Geschicklichkeit und Geschmack erfordert, findet
man nur einige Webereiartikel in Kattun und Seide, verziert mit Goldstickerei,
und einige Kupferarbeiten. In einigen Dörfern waren die
Häuser allerdings aus festem Holz gebaut, aber von einer behaglichen
Einrichtung und schön verziertem Hausgerät war nichts zu erblicken.
Beim Eintritt ins Haus fallen nur. geschmacklose, aus europäischen
Stoffen verfertigte Moskito-Gardinen, einige Koffer und etwas Kupfergerät'
ins Auge. Herrscht an grösseren Orten bei einigen Familien
eine gewisse Wohlhabenheit, so hat man es stets mit Arabern oder
Bandjaresen, die Grosshandel treiben oder getrieben haben, zu tun.
Hätten die Malaien Anlage und Lust, sich mit Kunst und Geschmack
eine behagliche Umgebung zu schaffen, so würde man
hiervon am ehesten in den Sultansfamijien, die aus dem Lande der
Dajak fso grosse Apanagen beziehen, etwas merken. Aber auch in
diesen Häusern findet man.^ ausgenommen den mit europäischen Möbeln
ausgestat-teten Empfangssaal des Palastes, nur weisse, gewöhnlich nur
mit Kalk bestrichene Wände und das notwendigste, oft schlecht unter
haltene Hausgerät".
Arbeitsscheu und Spielsucht sind die Haupthindernisse für die Wohlfahrt
dei Malaien. Sie sind zwar im Stande, durch Not gezwungen eine
Zeitlang angestrengt zifijarbeiten, aber sobald der Antrieb aufhört, ziehen
Spiel und Nichtstun sie mit doppelter Macht wieder an. Der starke
Hang der Männer zum Umherschweifen und die niedrige Stellung,
welche die Frau bei ihnen, einnimmt, hat ausserdem zur Folge, dass
die Arbeitslast bisweilen ganz auf den Schultern der Frau ruht.