zu entlehnen wagt. Hierdurch sind auch rechtschaffene malaiische
Fürsten, die eine höhere Vorstellung von den Pflichten eines Regenten
besitzen und die den Vorteil einer Entwicklung ihres Reiches ein-
sehen, gezwungen, bei der Regierung stets das Hauptaugenmerk auf das
Einkommen ihrer Familie zu richten; auch dann noch müssen sie aus
Mangel an Mitteln ihre entferntesten Blutsverwandten häufig sich selbst
überlassen. Diese trachten dann, auf ihre hohe Verwandtschaft gestützt,
auf alle Weise, nur nicht durch Arbeit, ihren Unterhalt zu
gewinnen, und den meisten Malaien und Dajak fehlt der Mut, sich
ernsthaft gegen ihre Erpressungen aufzulehnen. Da es den Fürsten
selbst an den nötigen Mitteln zu einem kraftvollen Auftreten gegenüber
diesen schlechten Elementen mangelt, müssen sie dieses auch für
sie selbst nachteilige Treiben stillschweigend mit ansehen; die näheren
Blutsverwandten des Fürsten erhalten öfters Teile des Reiches als
Apanage und leben dann mit ihren Familien von dem Einkommen,
das sie durch feste Steuern oder die noch viel drückenderen willkürlichen
aus der Bevölkerung zu erpressen suchen.
Unter diesen aus der malaiischen Herrschaft entstehenden Zuständen
leiden am schwersten die direkt unterworfenen dajakischen
Stämme. Von dem Los, das diesen in den grossen malaiischen Reichen
zu Teil wird, können wir uns nach den Verhältnissen, die z. B.
an den Westküsten in Sambas und Matan herrschen,7 eine Vorstellunog
machen. Auch im Sultanat von Sambas ist alles Land grösstenteils
als Apanage an die Sultanssprösslinge verteilt. Die Dajak müssen
hier eine nicht sehr hohe Steuer in Gestalt von Naturalien auf bringen,
doch wird diese Summe dadurch bedeutend erhöht, dass der von
ihnen gelieferte Reis z. B. in viel zu grossem Mass in Empfang genommen
wird, während das Salz, der Tabak und bei Hungersnot
auch der Reis, die sie von ihren Herren zu kaufen verpflichtet sind,
mit viel kleinerem Mass gemessen werden. Am schwersten drücken
die Dajak jedoch, wie gesagt, die ihnen willkürlich auferlegten Steuern,
wie Lieferungen von Baumaterial, Böten, Lebensmitteln und persönliche
Dienste, welche die Malaien so weit schrauben, als es möglich
ist, ohne dass ihre Sklaven dabei völlig zu Grunde gehen.
Ausserdem unterlassen es die Steuereinnehmer und anderen Trabanten
der malaiischen Herrscher nicht, die Dajak auch noch in
ihrem eigenen Interesse zu bestehlen. Wie weit die Anmassung dieser
Leute gehen kann, davon überzeugte ich mich einst selbst auf einer
Inspektionsreise in Sambas, für welche mir der Sultan seinen Aufseher
mitgegeben hatte. Als wir in einem trockenen Flussbett eine
lagernde Dajakgesellschaft antrafen, unter welcher sich eine Frau befand
mit einer schön gestickten Mütze auf dem Kopf und einer ebenso
schonen Jacke im Tragkorbe, riss der Aufseher der Frau einfach
die Mutze vom Kopf und nahm ihr die Jacke aus dem Korbe, ohne
dass einer der Dajak etwas einzuwenden wagte. Der Mann fand -sein
Betragen so natürlich, dass ich ihn nur mit Mühe dazu brachte, die
Sachen zurückzuerstatten. Dies geschah, trotzdem sich der Assistent-
Resident und der Sultan in derselben Gegend aufhielten.
In Matan, einem im südlichsten Teile der Wester-Afdeeling gelegenen
Staate, fand ein Kontrolleur einst auf einer Reise ins Innere
in einer inländischen Herberge einen Erlass des Sultans angeschlagen
in dem geschrieben stand, dass es den Malaien verboten sei, Dajak
zu töten oder deren Hab und Gut zu vernichten.
Was von den ursprünglichen Dajak bei dieser Jahrhunderte dauernden
Knechtschaft übrig geblieben ist, kann man sich leicht vorstellen
c sehr arme, schwache Stämme, die für Wohnung und Kleiduna
das schlechteste Material gebrauchen und die körperlich und geistig
weit- hinter ihren Blutsverwandten tiefer im Binnenlande zurückstehen
Da, wo die Malaien ihre Macht über die Dajak nur der Lage ihrer
Niederlassungen an den Flussmündungen verdanken, von wo aus sie
die einzigen Handelswege beherrschen, sind nur die unmittelbar benachbarten
Stämme mehr oder weniger steuerpflichtig, die höher hin
auf wohnenden tatsächlich unabhängig. Doch werden auch sie durch
Banden betrügerischer Händler ausgebeutet. Ab und zu treiben es
die Malaien so arg, dass auch die Dajak die Geduld verlieren und
einige Vertreter dieser gehassten Rasse niedermachen. Ein derartiger
Vorfall bildet für die mit Gewehren bewaffneten Malaien die
ausserdem noch die ihnen kontraktlich zugesagte Hilfe des niederländischen
Gouvernements beanspruchen, einen , erwünschten Anlass
um durch Plünderung und Busse aus den Dajak noch eine Extraeinnahme
« zu erpressen.
Es ist klar, dass ein Staat, der seine Untertanen derartig behandelt
auf die im ganzen Stromgebiet wohnenden Stämme keinen Anspruch
zu erheben hat. Trotzdem glaubt z.B. der Panembahan von Sintang
er gesetzliche Herrscher des ausgedehnten Stromgebietes des Mölawie
zu sein, obgleich auch er keinerlei Verwaltung über die dort ansässigen