K A P I T E L X V I I I .
Ergebnisse meiner Reisen auf dem Gebiete der Naturwissenschaft, Medizin und Topographie —
Praktische Bedeutung ethnologischer Studien für eine friedsame Kolonisation — Politische Ereignisse
in Mittel-Borneo nach meiner Rückkehr Schlussbemerkung.
Dank ihrer zweckmässigen Ausrüstung und langen Dauer haben die
in diesem Werk besprochenen Reisen auf sehr verschiedenartigen
Gebieten wertvolle Resultate liefern können. Die beiden ersten Reisen
der Jahre 1893—94 und 1 896p 97 waren, wie eingangs erwähnt
worden ist, zu rein wissenschaftlichen Zwecken bestimmt gewesen;
nachdem sich jedoch auf denselben die dringende Notwendigkeit einer
Ausbreitung der niederländischen Macht in Mittel-Borneo und ein friedlicher
Weg diese zu erreichen gezeigt hatte, wurde die dritte, von
Mai 1898 bis Dezember 1900 dauernde Reise von der indischen Regierung
zu politischen Zwecken ausgerüstet. Da es die beiden ersten
Male vollständig geglückt war, die Angst der Eingeborenen vor den
Europäern zu beseitigen und eine gründliche Kenntnis von Land und
Volk zu gewinnen, womit die Grundbedingungen zu einer .friedsamen
Kolonisierung erfüllt waren, wurde in der Ausrüstung und Ausführung
der politischen Expedition keine Veränderung vorgenommen, so dass
sie auch andere, wissenschaftliche Arbeit zu leisten vermochte.
Im folgenden sind die Ergebnisse der 3 Reisen in einer kurzen
Übersicht zusammengefasst.
Die ethnologischen Resultate betreffs des Charakters der Bahau-
und KSnjabevölkerung haben für die Beurteilung und Behandlung dieser
auf niedriger Kulturstufe stehenden Völker neue Gesichtspunkte eröffnet.
Diese sind im Lauf des Werkes bereits ausführlich erörtert worden
und kommen weiter unten in Verbindung mit den politischen Resultaten
nochmals zur Sprache.
Von den ethnographischen Sammlungen, welche sich alle auf die
Stämme Mittel-Borneos beziehen, wurden etwa 800 Gegenstände der
letzten Reisen dem Reichs-Museum für Ethnographie in Leiden übergeben
und etwa 300, welche auch die von den Könja herstammenden
umfassen, im Museum der Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft
zu Batavia deponiert. Von den Leidener Ethnographica wurde in diesem
Werk häufig Gebrauch gemacht; alle Gegenstände werden in dem
beschreibenden Katalog, den das Museum nächstens über die Abteilung
Borneo herausgibt, behandelt werden. Da an den beiden letzten Reisen
keine Fachgelehrten auf dem Gebiete der Zoologie, Botanik und Geologie
teilnahmen, musste ich mich darauf beschränken, die Sammlungen
derart anzulegen, dass sie später von berufener Hand mit Erfolg
bearbeitet werden konnten.
Die zoologische Sammlung, von der besonders die Fische und Vögel
bemerkenswert waren, ist grossenteils dem Museum für Zoologie in
Leiden zugewiesen worden; ein kleiner Teil wurde demjenigen auf
Buitenzorg abgetreten. In mehreren Sendungen wurden dem Leidener
Museum ungefähr 1500 Vogelbälge von 209 verschiedenen Arten,
unter denen eine neue, einverleibt. Zu meiner Genugtuung unterzog
sich der frühere Konservator der Vogelabteilung Dr. O . F in s c h trotz
vieler anderer Beschäftigung der Bearbeitung dieser Sammlung und
führte sie in vorzüglicher Weise zu Ende. Die Arbeit ist in den „Notes
from the Leyden Museum” Vol. XXVI publiziert worden.
Auch die 659 Exemplare zählenden Fischsammlungen, die auf den
beiden letzten Reisen zu einer Anzahl von 117 Arten anwuchsen und
1 neue Familie, 6 neue Gattungen und 51 neue Arten ergaben,
fanden Bearbeiter in Professor Dr. L. V a i l l a n t in Paris, der mit den
Fischen von der Expedition 1893—94 auch einen Teil der in den
Jahren 1896—97 gesammelten untersuchte und in Dr. C. M. L.
P o p t a in Leiden, die sich mit grossem Eifer und Erfolg der mühevollen
Bearbeitung und Beschreibung der grossen Anzahl auf den beiden
letzten Reisen gesammelten Fische widmeten. Vol. XXVII der „Notes
from the Leyden Museum” wird von der letzten Arbeit völlig eingenommen.
Sowohl die lebenden Pflanzen als die getrockneten wurden dem
botanischen Garten in Buitenzorg übergeben. Von ersteren überstanden
viele die Reise und wurden in den von diesem Institut herausgegebenen
Werken beschrieben. Auch einige Familien des Herbariums, das im
ganzen über 2000 Nummern umfasste, fanden Bearbeiter; den Farren
widmete sich Dr. H. C h r i s t in Basel, den Moosen Dr. M. F l e i s c h e r in