vorväterlichen Sitte; keiner ihrer Freien besass mehr als eine Frau;
auch die noch ursprünglicheren Sitten huldigenden Häuptlinge der
Pnihing, Ma-Suling und, wie wir sehen werden, der Kfenja lebten monogamisch.
Die Tatsache, dass die Polygamie sich unter den Mahakam-
Bahau verbreiten konnte, spricht vielleicht ebenfalls für die niedrigere
Stellung, welche ihre Frauen im Vergleich zu denen am Kapuäs einnehmen.
Dasselbe Moment liegt wohl auch dem besonders bei den Blu-u Kajan
herrschenden Brauch, die Mädchen bisweilen schon bei ihrer Geburt
mit einem jungen oder sogar älteren Manne zu verloben, zu Grunde.
Auch diese Sitte kann ursprünglich bei ihnen nicht heimisch gewesen
sein, weil sie nach dem Glauben der Kajan selbst ihren Geistern ein
Dorn im Auge ist, die sie dafür mit Krankheit und'“Unglück heimsuchen.
Die Folge dieser Vernunftheiraten ist denn auch, dass die Mutterschaft
bei den Frauen viel früher eintritt, als wünschenswert ist. Am
Blu-u sieht man auch auffallend viele junge, beinahe kindliche Mütter. Die
Sitte, ihre Töchter in sehr jugendlichem Alter zu verheiraten, haben
die Kajan vielleicht von ihren zahlreichen Sklaven aus den Baritostäm-
men, bei denen sie allgemein verbreitet ist, übernommen. Ueber Heirat,
Scheidung und Ehebruch ist bereits an anderer Stelle (T. I p. 364—
67) einiges mitgeteilt worden, das folgende möge als Ergänzung dienen.
Die meisten Eheschliessungen gehen derart vor sich, dass ein heiratsfähiger
junger Mann seine Eltern oder, in Ermangelung derselben,
andere Familienglieder über eine vorläufige Verbindung mit einem etwa
6 jährigen Mädchen unterhandeln lässt. Er tritt dann sogleich in die
Familie seiner Schwiegereltern ein, nachdem er diesen sowie der kleinen
Braut ein Schwert oder ein anderes von seinen Ano0- ehörios’en aufgebrachtes
Geschenk übergeben hat. Seine Arbeit kommt den Schwiegereltern
zu Gute, und oft wird er, sobald das Mädchen ungefähr heiratsfähig
geworden ist, ohne fernere Heiratszeremonie zu deren Manne.
Ist das Mädchen bei der Abmachung zwischen den beiderseitigen
Familien älter, dann leben die jungen Leute etwa einen Monat lang
zusammen, und gefallen sie einander, so schliessen sie mit einer einfachen,
in einer kleinen Festmahlzeit bestehenden Feier den Heiratsbund.
Beim nächsten Neujahrsfest folgt dann ein grösseres Mahl, bei
dem ein Schwein geopfert wird, von dem jede Dorffamilie ein Stück
erhält.
Fühlen sich erwachsene Männer und Mädchen zu einander hingezogen,
so bietet ihnen über Tag die gemeinsame Feldarbeit Gelegenheit
zu intimem Verkehr; abends geben sie sich mit ihren Liegmatten
im hohen Grase unten am Fluss ein Stelldichein. Durch Ausspülen
beim Baden sucht das Mädchen den unerwünschten Folgen ihres Verkehrs
vorzubeugen, was aber nicht stets gelingt.
Bleiben diese nicht aus,1 so müssen die Schuldigen ein Schwein und
eine bestimmte Menge Reis opfern, um von ihren Angehörigen den
Zorn der Geister abzuwenden, die sonst ein Missglücken von Ernte,
Fischfang und Jagd verursachen würden. Zeigt sich das Paar zur Heirat
nicht geneigt, so wird diese auch nicht für notwendig angesehen,
auch verhindert ein derartiges Erlebnis ein Mädchen nicht, später
eine passendere Ehe mit einem anderen Manne einzugehen.
Ueber die Heiratszeremonien ist bereits Teil I pag. 87 u. 365 berichtet
worden.
Das Eheband wird bei den Blu-u Kajan leicht wieder gelöst. Ich
sah häufig Scheidungen stattfinden, weil ihre beiderseitigen Charakter-
eigenschaften Mann und Frau nicht gefielen, oder die Ehe kinderlos
blieb. Ein Mann liess sich von seiner Frau scheiden, weil er ein Kind
aus ihrer früheren Ehe nicht leiden mochte; ein anderer machte sich
einfach davon, weil ihm die Versorgung seiner immer grösser werdenden
Familie zu schwierig vorkam.
Auch Heiraten zwischen Freien und Sklaven, zu denen der Häuptling
bisweilen gezwungenermassen seine Zustimmung erteilt hat, sucht
man, besonders beim Kajanstamm, wo eine Vermengung mit Leibeigenen
sehr ungern gesehen wird, bald wieder zu lösen.
Der junge Mann, der eine Sklavin heiratet, nimmt alle Pflichten
eines Sklaven auf sich, erhält jedoch bei einer Scheidung seine Freiheit
zurück; sind Kinder vorhanden, so folgen diese dann dem Stande
der Mutter, bis auf eines, das der Vater in seine Familie mitnimmt.
Tritt ein Sklave aus dem Häuptlingshause als Schwiegersohn in eine
panjin-Y zxsx&g., so muss ihn eines seiner männlichen Kinder beim Häuptling
als Sklave vertreten. Bei den Long-Glat und Ma-Suling bestehen
diese strengen Regeln nicht, mit dem Resultat, dass die Leibeigenen
ständig in den Stamm heiraten und ihre Anzahl fortwährend abnimmt.
Auch unter den Kajan hat im einzelnen Falle das Ansehen der betreffenden
Familie auf die vom Häuptling und seinen Mantri zu fassenden
Beschlüsse grossen Einfluss.
Die Ehe wird von den Kajan trotz ihrer leichten Lösbarkeit durch