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Die Niederlassungen unterhalb der Wasserfälle sind gleich wie die
oberhalb derselben von einander unabhängig, nur hat bei jenen länger
als bei diesen eine von Bo L e d jü A j a abstammende Häuptlingsfamilie
auf die vielen kleinen, schwachen Stämme einen grossen Einfluss geübt.
Übrigens waren die Nachkommen dieser Familie infolge der auch hier
herrschenden Vielweiberei unter den Häuptlingen so zahlreich, dass
sie unter den Fürstenhäusern der meisten Dörfer Glieder zählte. Als
im Beginn des 19. Jahrhunderts der genannte L e d jü A j a mit einem
grossen Teil der Long-Glat und den von diesen abhängigen Stämmen
die Wasserfälle hinunterzog, gingen zugleich eine Menge Sklavenfamilien
mit, die zu den ursprünglichen Mahakambewohnern, wahrscheinlich
Ot-Danum gehörten, wodurch sich die Bahau hier, wie oberhalb
der Wasserfälle, mit dieser Stammgruppe stark vermischten. Von diesen
Sklavenfamilien sind gegenwärtig beinahe keine mehr übrig geblieben,
weil sie durch Heirat in den anderen aufgingen. Im Jahre
1825 begegnete, wie an anderer Stelle bereits gesagt, G e o r g M ü l l e r
L e d jü A j a , der damals als einer der grössten Häuptlinge dieses Gebietes
galt. Am Ende der 40 er Jahre hatte sich einer seiner Söhne,
K e r t a , bereits als Häuptling in Udju Tgpu festgesetzt. Mit diesem
als dem einflussreichsten Manne hatten v o n D e w a l l und S c h w a n e r bei
ihren Reisen am mittleren Mahakam zu unterhandeln. K e r t a war damals
vom Sultan gänzlich unabhängig. Der jüngste Sohn L e d jü ' A j a s war
der 90 jährige Bo A d ja n g L e d jü in Long Dgho, der sich noch an
G e o r g M ü l l e r erinnerte. Im folgenden wird noch öfters von ihm die
Rede sein.
Der Sohn K e r t a s , L e d j ü , trat unter dem Einfluss des Sultans
von Kutei, der ihn viele Jahre in Tengaron festhielt, unter dem
Namen R a d e n T e m e n g g ü n g zum Islam über. Er diente dem Sultan
einerseits als Handlanger, um dessen Ansehen in den Gebieten oberhalb
Udju Töpu zu verstärken, indem er die Macht des Kuteischen
Fürsten, als seines Bundesgenossen, den anderen Bahauhäuptlingen gegenüber
ausspielte, anderseits wusste er doch dafür zu sorgen, dass
diese Macht sich nicht zu weit erstreckte.
Während R a d e n T e m e n g g ü n g jahrelang in Tengaron gefangen lebte,
breitete die Familie seines Halbbruders Jo k , der in Lirong Tika als
Häuptling der Long-Glat ansässig war, ihren Einfluss im Gebiet des
Mittel-Mahakam immer mehr aus; die Eifersucht zwischen den Nachkommen
dieser beiden Brüder hat sich bis jetzt noch erhalten. Um 1890
wurden alle grossen Häuptlinge dieses Gebiets ein Opfer der Cholera, die
gerade zu einer Zeit in Tengaron ausbrach, als der Sultan die Bahaufür-
sten widerrechtlich jahrelang bei sich zurückhielt. Der junge Häuptling
B a n g J o k floh damals mit der Leiche seines Vaters aus Tengaron
nach Lirong Tika und zog dann aus Furcht vor Kutei mit der ganzen
Niederlassung nach Long Dfiho, oberhalb des Kiham Halo und
Udang, wo dieser Teil der Long-Glat jetzt noch wohnt. Auch R a d e n
T e m e n g g ü n g starb an den Folgen derselben Krankheit in Udju Töpu.
Auf ihn folgte sein Sohn D in g , der, als viel weniger kräftige Persönlichkeit,
seinen Einfluss in d i e s e m Bahaugebiet gegenüber seinem Vetter
B a n g J o k stark abnehmen sah, trotzdem aber bis zu seinem 1897
erfolgten Tode niemals aufhörte, der Macht der Kuteischen Malaien
entgegenzuarbeiten. Aus Eifersucht gegen ihn intrigierte sein Bruder
B r i t , später R a d e n M a s , fortwährend zum Vorteil von Kutei, doch
lehnte auch er sich, nach D in g s Tode, gegen die zu anmassenden
Forderungen von Kutei auf. Beide Brüder hatten jedoch nicht die
Macht gehabt, den Strom von Buschproduktensuchern der Küste von
ihrem Lande abzuwehren.
Die Bahau am oberen Mahakam haben in den Wasserfällen einen
natürlichen Schutz gegen den Einfluss der Küstenmalaien gefunden;
bei denen am mittleren Mahakam dagegen haben bereits seit Jahrzehnten
zahlreiche Händler aus den tiefer gelegenen Gebieten verkehrt
und die Dajak selbst sind auf den grossen, schiffbaren Flüssen
öfters hinuntergefahren, um sich auf den Küstenmärkten mit verschiedenen
Gebrauchsartikeln zu versehen. Ihre dajakischen Sitten
und Gebräuche litten durch diese Berührung mit der Küste jedoch
weniger als ihr Wohlstand, der bereits durch die mit den schlechteren
klimatischen und hygienischen Verhältnissen verbundene Verminderung
der Arbeitskräfte geschädigt, durch die Einführung von
Spiel, Hahnenkämpfen und Wetten ernstlich untergraben wurde. In
ihrer Kleidertracht behielten diese Stämme insofern ihre vorväterlichen
Gewohnheiten, als sie den eingeführten Kattun und andere
Stoffe auf altdajakische Weise verarbeiteten. Baumbastkleidung ist bei
ihnen beinahe gänzlich ausser Gebrauch geraten, sogar bei Trauer
wird statt dieser häufig weisser oder hellbrauner Kattun getragen.
Kleiderverzierungen in Form ausgeschnittener Figuren kommen nicht
mehr vor, und auch das Besticken der Frauenröcke, eine besonders
bei den Long-Glat oberhalb der Wasserfälle sehr verbreitete