Sobald ein Grundstück gewählt worden ist, zieht der Häuptling mit
den Oberhäuptern der Familien aus, um den Wald an der betreffenden
Stelle zu fällen. Diese Arbeit bedeutet jedoch noch nicht den definitiven
Anfang des Baus. Durch ungünstige Umstände gezwungen
Hessen die Kajan z. B. den Wald auf dem als Bauplatz gewählten
Bergrücken an der Blu-u Mündung drei Mal wieder heranwachsen,
nachdem sie ihn ebenso viele Mal gefällt hatten. Erst dann wagten
sie es, sich dort endgültig ans Werk zü machen. Vor dem Beginn
des Baus ziehen die meisten Familien, die dem Häuptling helfen
und auch ihr eigenes Haus schnell errichten wollen, nach dem Bauplatz
und stellen dort ein provisorisches Haus her, nach Art der
lepo luma, aus altem Material (Siehe die kleinen Häuser auf Taf.
48 T. I).
Handelt es sich um den Bau einer neuen Niederlassung, so muss
der Häuptling vor dem Anfang des eigentlichen Baus ajo, d. h. die
Geister in günstige Stimmung versetzen, indem er mit einem Menschenschädel
eine bestimmte Zeremonie ausführt. Gegenwärtig wird
dabei ein alter, von einem benachbarten Stamme geliehener Schädel
benützt, wie es auch jetzt noch beim Ablegen der Trauer (pgt lä li
lumu) gebräuchlich ist. Diese Sitte deutet wahrscheinlich darauf hin,
dass der Hausbau früher mit der Opferung eines Menschen eingeleitet
wurde. Der Häuptling verrichtet diese Zeremonie für den ganzen
Stamm.
Sowohl bei den Kajan als bei den anderen Stämmen ist es sehr
gebräuchlich, dass die Dorfgenossen einander beim Hausbau Beistand
leisten. Die gegenseitige Unterstützung wird mit pala-dovp bezeichnet;
den gleichen Namen tragen auch die Gehilfen. Die Familien beteiligen
sich nicht nur am Bau des Häuptlingshauses, sondern sie versichern
sich, auch wenn es den Bau des eigenen Hauses gilt, der Mitwirkung
einer so grossen Anzahl von Männern, dass am gleichen Tage die
alte Wohnung njedergerissen und die neue unter Dach gebracht wird.
Wer an eine derartige Arbeitsweise nicht gewöhnt ist, staunt über die
Leistungen, die auf diese Weise in einem Tage ausgeführt werden. Die
weitere Bearbeitung findet später mit Hilfe einer kleineren Leüte-
zahl statt. Besteht eine Familie aus nur wenigen Gliedern und nimmt
deren täglicher Unterhalt fast alle Zeit in Anspruch, so dauert es
Monate, bisweilen auch Jahre, bevor ihr Haus ganz fertig dasteht.
Obwohl beim Bau eines so grossen Hauses wie das von K w in g
I r a n g von einer schnellen Vollendung keine Rede sein konnte, wurde
die Arbeit doch nach dem gleichen Prinzip vorgenommen. An bestimmten
Tagen kam eine grosse Anzahl Männer zusammen, um
eine bestimmte Arbeit auszuführen; nötigenfalls stellten sie sich auch
noch am folgenden Tage ein, aber dann verging wieder eine lange
Zeit, bevor sie fortfuhren. Sie mussten dazwischen neues Material sammeln
oder sie hatten andere Dinge zu tun. Auch seine Sklaven Hess
der Häuptling nicht ständig arbeiten, obgleich sie immerhin durch
die Herstellung von Brettern und Verzierungen mehr zu tun hatten
als die übrigen Familien, die nur einen bestimmten Anteil zu liefern
hatten.
Der Familie, die bauen lässt, fällt die Beköstigung ihrer pala-dow
zu. Da beim Bau eines gewöhnlichen Hauses etwa 40 Mann mithelfen,
bedeutet deren Ernährung eine grosse Last für die betreffenden. Dazu
verursacht später die sorgfältige Bearbeitung des Hauses neue Kosten.
Wenn sich der ganze Stamm am Bau des Häuptlingshauses beteiligt,
müssen zur Beköstigung der Hilfskräfte mehrere Scheunen
mit Reis geopfert werden. Die weiblichen Familienglieder und einige
Sklavinnen sind bereits mehrere Tage vor Begin des Hausbaus mit
dem Stampfen des Reises und die Männer mit dem Fang von Fischen
als Zuspeise beschäftigt. Bisweilen wird auch zu diesem Zwecke eine
¿«¿«-Fischerei in einem Bache veranstaltet. Die reichen, aus zahlreichen
Gliedern bestehenden Familien unterstützen den Häuptling bei
derartigen Gelegenheiten mit Reis und anderen Artikeln.
Wird für einen vornehmen Häuptling, wie K w in g I r a n g , ein Haus
gebaut, so kann dieser auch auf die Mitwirkung der benachbarten Stämme
rechnen. Da alle Häuptlinge der Bahau am oberen Mahakam verwandt
sind, hätte man ihre Unterstützung als eine Ehrenbezeigung
ansehen können, die sie dem ältesten Familienglied, K w in g I r a n g ,
bewiesen. Es scheint jedoch, dass es sich hier eher um einen pflicht-
gemässen Beistand handelt; denn die Niederlassung Lulu Njiwung,
deren junger unbedeutender Häuptling D in g N g o w an Vornehmheit
der Geburt K w in g I r a n g übertraf, weil er in gerader Linie von einem
männlichen Häuptling der alten Long-Glat abstammte, K w in g dagegen
in weiblicher Linie, durch seine Mutter, steuerte keinen Pfahl
zum Hause bei, wie die Pnihing, Ma-Suling und Long-Glat von Long-
Töpai es taten.
Zuerst mussten alle Pfähle, auf welchen K w in g I r a n g s Haus ruhen