K A P I T E L V I I I .
Charakter der Industrie bei den Bahau und IiiSnja — Herstellung von Kleidung: Spinnerei- We-
ere., Verzierung durch Figuren, Stickereien, Knüpfarbeiten; Baumbastkleidung - Schmieden-
' von Arbeitsgerätschaften, Lanzen, Schwertern; Verzienrag
der Schlierter - Schnitzerei: Griffe und Scheiden; Holz- und Bambusschnitzerei. J Flechterei
fu?WaffUng H H R h I B i l ü l H FkChten T0“ K8rbe». M»«“ > Hüten;.fiu Waffen - -Töpfere, _ Bootsbau: Wahl und Behandlung des Materials; Roharbeit FElnedcbhetharabnedi-t
W H m B B B M Herstellung von Schmuck aus Steinen und Perlen: Wert der Perlen, ihre
Herkunft, \envendung; Rolle der Perlen in der Kulturgeschichte.
Die Industrie trägt bei den Bahau- und Könjastämmen völlig den
Charakter einer Hausindustrie. Jede Familie stellt nur für sich selbst
oder ihre unmittelbare Umgebung die erforderlichen Gegenstände her.
Dass jemand mit einer grossen Anzahl Gehilfen arbeitet, kommt denn
auch nicht vor; höchstens hält sich ein Schmied einen Knecht, der
ihm regelmässig hilft; aber auch Meister und Knecht üben ihr Handwerk
nur neben dem Landbau aus, der häufig auch bei ihnen die
Hauptsache bleibt. Von Grossindustrie ist also keine Rede, und bei
der Beurteilung des auf diese Weise Produzierten muss berücksichtigt'
werden, dass die Arbeit nicht von Personen geleistet wird, die sich
ihr ausschliesslich widmen, wie in der europäischen Industrie. Den eingeborenen
Handwerkern fehlt daher die durch ständige Herstellung
gleicher Gegenstände erworbene Fertigkeit. Ferner arbeiten sie mit
mangelhaften Hilfsmitteln und werden durch ihre einfachen und ärmlichen
Verhältnisse gezwungen, billiges Material zu verwenden.'Sowohl
Bahau als Könja verarbeiten denn auch selbst kein Silber oder Gold •
was an Zieraten aus diesen Metallen in ihrem Lande verfertigt wird
stammt von Malaien her.
Ein anderer auf den Fortschritt lähmend wirkender Umstand ist,
dass in den verschiedenen Industriezweigen kein Unterricht erteilt wird,
sondern jeder Anfänger selbst in mehreren Fächern Übung zu erlangen
suchen muss; höchstens bietet sich ihm Gelegenheit, von einem
anderen Handwerker die Arbeit abzusehen oder ihm bei derselben
zu helfen.
Fühlt sich jemand zu einem bestimmten Fach hingezogen, so verhindern
ihn oft die Sorgen um seinen und seiner Familie Unterhalt,
seiner Neigung Folge zu leisten.
Da jeder die meisten zum Leben erforderlichen Dinge selbst herstellt
und die Ausübung eines bestimmten Handwerks keinen einträglichen
Erwerb bildet, wird ein eingeborener Fachmann nicht, wie bisweilen
ein europäischer, gerade durch Sorge und Not zu den höchsten
Leistungen angeregt; die besten Produkte werden im Gegenteil
von Gliedern wohlhabender Häuptlingsfamilien oder Freien hervorgebracht
; Unbemittelte dagegen leisten nur selten etwas Besonderes.
Ein Vorteil für die dajakische Industrie liegt darin, dass ihr ganzes
künstlerisches Können und ihr Geschmack sich auf das Gebiet des
Handwerks konzentrieren, da bei ihnen nicht, wie in höherstehenden
Gemeinwesen, eine bestimmte Kunst, wie z. B. die Bildhauerkunst oder
Malerei, vorhanden ist, die nur der Kunst halber Gegenstände hervorbringt.
Die Industrie der Bewohner Borneos kann, trotz der bescheidenen
Grenzen, innerhalb welcher sie sich bewegt, in einigen Zweigen
als Kunstindustrie bezeichnet werden. Mit der reinen Kunst entwickelterer
Völker steht diese sogar in engem Zusammenhang.
Dass unter den oben geschilderten Umständen die Industrie der
Dajak nicht zur vollen Ausbildung hat gelangen können, vielmehr
das Kennzeichen einer beschränkten Umgebung trägt, ist also begreiflich,
immerhin sind ihre Leistungen noch so bedeutend und umfassend,
dass jedes Fach im folgenden eine eingehende Betrachtung
verdient. Alles, was sich speziell auf das Kunstgebiet bezieht, wie z. B.
die Erklärung der dajakischen Verzierungsmotive, wird im folgenden
Kapitel gesondert behandelt werden.
Von allen Industriezwei0g en ist die Bekleidungo sindustrie für die Bevölkerung
Mittel-Borneos die wichtigste. Nach den noch aus alten Zeiten
• erhalten gebliebenen Kleidungsstücken zu urteilen, haben die Dajak
diese ursprünglich hauptsächlich aus Baumbast verfertigt und ist die
Weberei erst später bei ihnen eingeführt worden. Zu dieser Ansicht
führte mich vor allem die Tatsache, dass bei fast allen Stämmen für
die Weberei dieselben beschränkenden Bestimmungen zu finden sind,
die für alles Fremdländische zu gelten pflegen ; so darf bei den zu den