Am anderen Morgen machten uns unsere kleinen Freunde und Freundinnen
unter der Obhut eines alten Mannes P i a t L a w e i wieder einen
Besuch und blieben, bis der Hunger sie um die Mittagszeit ins Dorf
zurücktrieb. An diesem Morgen waren die Männer von Tanah Putih
mit den beiden Häuptlingen B i t und A b in g D ja l o n g bereits vor Sonnenaufgang,
also vor dem Erwachen der Vögel, aufgebrochen, um von
diesen keine schlechten Vorzeichen zu erhalten. Sie Hessen sich vorübergehend
in unserer Nähe nieder und berieten dort mit dem erfahrenen
P i a t L a w e i , wie sie die Hütte der Männer aus Long Nawang, ohne
böse Omina zu riskieren, erreichen könnten. Bèi mir waren sie vorläufig
sicher, denn meine Trägerinnen O ’ o hatten unterweogs für mich ein
günstiges joh gefunden. Als mein Hund Bruno abends fortlief, wahrscheinlich
ins Dorf zurück, boten sich sogleich einige junge Malaien
an, ihn zu holen, doch wollten sie erst am folgenden Morgen zurückkommen,
was ich ihnen auch erlaubte.
Am 6. November gingen die KSnja etwas höher am Fluss hinauf,
um ihre Hütte zu bauen und von dort aus ein Zeichen zu finden, das
ihnen in die Hütte der Männer aus Long Nawang einzutreten erlaubte.
An diesem Abend war unser zweiter Hund Putih ebenfalls ins Dorf
zurückgelaufen und wiederum baten mich viele Malaien, ihn holen und
die Nacht im Hause ihrer sebiläh zubringen zu dürfen. Ich gab nur
wenigen hierzu die Erlaubnis, um nicht mit zu kleinem Personal zu-
rückzubleiben, und weil ich fürchtete, die Malaien könnten zum Schluss
noch Unruhe in Tanah Putih stiften. Etwas später bemerkte ich jedoch,
dass nicht nur der Hund, sondern fast alle jungen Malaien weggelaufen
waren und diese Nacht nicht zurückkehrten.
Um grösserem Ungehorsam vorzubeugen, bestrafte ich die Schuldigen
mit einer Busse von io Gulden pro Mann und dem besten von
ihnen, S a id , nahm ich das Gewehr ab, das er trug, und übergab es
einem der älteren Malaien, um ihn so von der Schwere seines Vergehens
zu überzeugen. Die Strafe war hart, aber mein Personal war nicht
zuverlässig genug, um ihm in dieser Umgebung ungebundene Freiheit
gewähren zu können. Die Männer konnten sich übrigens nicht über Ein- o
samkeit beklagen, denn morgens kamen eine Menge junger Mädchen ihre
Freunde im Lager aufsuchen, ausserdem stellten sich viele ältere Männer,
Frauen und Kinder von den Reisfeldern aus der Umgegend ein
und gingen erst abends wieder fort. Ein kleiner Junge brachte mir
einen grossen Bambus voll burak, süssen gegohrenen Reis, den ihm
U n g a n , seine 19 jährige Schwester, die ich nach einer Hüftgelenkentzündung
wieder zum Gehen gebracht hatte, für mich mitgegeben,
da sie selbst den weiten Weg zu mir noch nicht zurücklegen konnte.
Etwas Perlen hatte ich glücklicherweise noch gespart, so dass unser
Lager den Kindein noch besonders anziehend vorkam* sie zwangen
auch stets einige ältere Leute als Begleitung zum Mitgehen. Dank
der Freundlichkeit der Besucher genossen wir auch noch hier in der
Wildnis von den Leckerbissen, welche ein Könjadorf produziert.
Der Kajan stand an diesem Tage infolge eines heftigen Ungewit-
tefs, das am Abend zuvor gewütet hatte, sehr hoch, das tröstete uns
über den Aufenthalt, denn die Könja hätten uns an diesem Tage,
durch ihre Vogelschau aufgehalten, doch nicht weiter bringen können!
Unangenehmer war es, dass wegen des . Hochwassers keine Fische
gefangen wurden und wir den Hauptbestandteil unserer Mahlzeiten
missten.
Für den folgenden Tag war abgemacht worden, dass die Könja
uns in ihre Hütte abholen sollten, wq sie bereits zwei Nächte verbracht,
aber doch wenigstens ein gutes Vorzeichen gefunden hatten.
In Tanah Putih wusste man von unserer Abreise, aber trotzdem kam
früh morgens noch ein kleines Mädchen mit ihrer Mutter, mich um
etwas Perlen zu bitten, und etwas später A p u i , der kleine Bruder meiner
Patientin U n g a n , der mir zum Abschied noch einen zweiten dicken
Bambus mit buräk für die Reise brachte.
Gegen 10 Uhr kamen die Könja herunter, um uns hinauf zu bringen.
Die- Uma-Tow von Long Nawang ruderten uns aufwärts, während
B i t mit den Leuten von Tanah Putih zum Dorfe weiterging,
um ihren: Reis für die Reise abzuholen. Sie wagten jedoch nicht, die
Niederlassung zu betreten, weil ein Mann dort im Sterben lag’ und
sie durch dessen Tod zurückgehalten zu werden fürchteten.
Da man mich nur ein Stück weit den Fluss aufwärts gebracht hatte
und jetzt ein neuer Aufenthalt drohte, beschloss ich, die Malaien mit
so viel Gepäck, als sie mitnehmen konnten, voraus zu senden. Sie
machten sich am anderen Morgen in Gesellschaft der Könja auf, die
ihren Reis voraustragen wollten, doch kehrten diese zurück, nachdem
sie die schlechten Prophezeiungen eines Vogels vernommen hatten
Auch am anderen Tage, dem 10 Nov., sahen sie morgens bei ihrem
erneuten Versuch, mit ihrem Reis den Fluss hinaufzufahren,'ein schlechtes
Vorzeichen, aber ich drang darauf, dass sie wenigstens mich und mein