Hazard- und Wettspiels angenommen hatten. Hier wurden nicht mehr
vor der Bestimmung des Einsatzes nach allerhand abergläubischen Regeln
die Kämpfer stundenlang miteinander verglichen, wie es bei
den Bahau oberhalb der Wasserfälle Sitte ist, sondern nach kurzer
Besprechung waren die Vorbereitungen getroffen, die Einsätze bestimmt,
die eisernen Sporen angebunden, und das Wetten begann. Trotzdem
B ang J ok zu den entschlossensten Charakteren unter den Bahauhäupt-
lingen gehörte, war er in vieler Hinsicht doch von den Malaien
abhängig, die ihm mit ihrem Rat zur Seite standen. Er selbst sprach
zwar fliessend und gern Malaiisch, da er aber weder lesen noch schreiben
konnte, hatte er für diese Fertigkeiten die Hilfe der malaiischen
Küstenbewohner nötig, von denen der eine oder andere sich als
Schreiber bei ihm aufhielt und wieder verschwand, sobald seine Betrügereien
dem Häuptling zu arg wurden. Unter den Leuten, die zu
schreiben und zu lesen verstanden, befanden sich viele Bandjaresen,
die in den Missionsschulen der Zuider-Afdeeling diese Kenntnis erworben
hatten; wenn derartige, auch in der eingeborenen malaiischen
Gesellschaft ihrer Kenntnisse wegen sehr gesuchte Personen ihre zivilisiertere
Heimat gegen das unwirtsame Binnenland eintauschen, so
darf man wohl sicher annehmen, dass ihnen der Boden ihres Landes
zu heiss geworden ist, weil sie sich irgend eines Verbrechens schuldig
gemacht haben. Kein Wunder, dass auch B ang J ok ständig
von den Malaien in seiner Umgebung betrogen wurde und nicht minder
als seine weniger weltklugen Ranggenossen einen lebhaften Abscheu
vor ihnen empfand. Er konnte sie jedoch wegen seiner Spielwut
nicht missen, und sein jahrelanger Aufenthalt in Tengaron hatte
ihn zu viel mit malaiischem Wesen in Berührung gebracht, um ihn
an der Gesellschaft seiner rohen Bahaubrüder noch Gefallen finden
zu lassen.
Derselbe Widerspruch äusserte sich auch in seinem Verhältnis zum
Sultan von Kutei: die Misshandlungen, die besonders seine Landsleute
unterhalb der Wasserfälle von den Kuteischen Sultanen erdulden
mussten und die ihn selbst in das Gebiet oberhalb des Kiham
Halo getrieben hatten, erfüllten ihn zwar mit Hass und Widerwillen
gegen die malaiische Rasse, doch war er andrerseits so geschmeichelt,
wenn Abgesandte des Sultans bei ihm erschienen, dass er sich von
diesen leicht als Werkzeug gebrauchen liess.
Die Bahaubevölkerung von Long Döho beteiligte sich, wie gesagt,
Armut der Bevölkerung. 45
nur selten am Spiel in der Häuptlingswohnung, obgleich auch jeder
Dajak, der Geld hatte, in dieser gemischten Gesellschaft willkommen war.
In den Häusern der übrigen Familien wurde übrigens ebenfalls viel
gespielt; da sich besonders die jüngeren Männer dem Spiel hingaben,
statt sich dem Landbau zu widmen, herrschte in keiner Bahaunieder-
lassung am Mahakam eine solche chronische Nahrungsnot wie in Long
Döho. So oft ich auch bei meinen Auf- und Abfahrten auf dem
Mahakam hier Halt machte, gelang es mir doch nie, für mich und
mein Personal eine genügende Menge Lebensmittel einzukaufen; auch
für die Niederlassung selbst mussten stets von ober- oder unterhalb
der Wasserfälle Vorräte angeführt werden. Die Bevölkerung sprach
denn auch öfters von den Vorteilen, die ein Rückzug in das Land
unterhalb der Wasserfälle, wo man nie derartig an Mangel gelitten
hätte, bieten würde. Angst vor den Kuteinesen verhinderte jedoch die
Verwirklichung dieser Idee, und für den Häuptling bildete im geheimen
die Nähe seines kostbaren Bohgebiets, in dem noch so viele Buschprodukte
zu sammeln waren, ein gewichtiges Motiv, um seinen jetzigen
Standort, von dem aus er jene Schätze im Auge zu behalten vermochte,
nicht zu schnell wieder zu verlassen. Nach meiner Rückkehr
aus dem Mahakamgebiet, Ende 1900, gelang es ihm denn auch, mit
einer Truppe von Buschproduktensuchern Kontrakte über die Ausbeutung
der höher gelegenen Teile des Bohgebiets abzuschliessen,
die ihm sicher beträchtliche Summen eintrugen. Zur Wohlfahrt seiner
Stammesgenossen wird dieser Umstand wenig beigetragen haben,
denn, obgleich sie das Recht besitzen, im Gebiet des Stammes, also
auch im Boh, auf eignes Risiko Buschprodukte zu sammeln, ohne
für diese dem Häuptling Abgaben zahlen zu müssen, so haben sie doch
keinen Anteil an den 10°/0, die die Fremden dem Häuptling für die
Ausnutzung eines bestimmten, dem Stamme gehörigen Gebietes an
Steuergeld aufbringen müssen. Das Gelände, in dem die Bahau selbst
sammeln könnten und das durch die zunehmende persönliche Sicherheit
nach der Einsetzung einer niederländischen Verwaltung in Long
Iram für sie zugänglich geworden ist, wird jetzt durch Fremde ausgebeutet.
In Long Döho fiel es mir mehr als bei den reicheren, höher gelegenen
Dörfern auf, wie sehr diese Bahau durch ihren Glauben in o 7
ihrem Tun und Lassen geknechtet sind. So pflegte z, B. B ang J ok
jedes Jahr, nachdem der Reis gesät und der Nahrungsmangel vor