Anker fallen, worauf unsere Bahau zu ihrer grossen Erleichterung
ihre Böte lösten und ans Ufer ruderten. Sie hatten sich nämlich den
Tag über zwar an der grossen Schnelligkeit der Fahrt erfreut, jedoch
bei jeder Wendung scharf darauf achten müssen, dass ihre schwerbeladenen,
niedrigen Böte nicht Wasser schöpften und umschlugen. Sie
verhinderten dies, indem sie ihre Böte mittelst der langen gala (Stangen)
untereinander verbanden, wodurch sie besser das Gleichgewicht zu bewahren
vermochten. Es erwies sich bald als notwendig, alle Böte, ausser
den beiden grossen, vom Dampfer loszulösen, denn der Anker wollte im
Flussgrund nicht haften. An verschiedenen Stellen wurde versucht, einen
Halt zu finden, auch hörten wir den Anker auf dem Boden schleppen,
doch blieb er nirgends haften, weil das ganze Flussbett aus glatten
Steinschichten mit geringen Unebenheiten bestand. Erst als die ganze
eiserne Kette hinabgelassen worden war, blieb der Dampfer still liegen,
jedoch nur scheinbar, in Wirklichkeit glitt er sehr langsam stromabwärts,
was uns aber nicht verhinderte, ruhig bis zum Tagesanbruch zu schlafen.
Der Morgen war dunkel und regnerisch; bevor wir noch auf brachen,
goss es in Strömen. Das Wasser begann auch sogleich zu steigen und
durch die stärker werdende Strömung erwuchsen uns weit mehr Schwierigkeiten
als Tags zuvor. Auch jetzt hinderten die Böte der Bahau
eine Fahrt mit vollem Dampf, die häufig bei engen Biegungen um
Geröllbänke der heftigen Strömung O O weOg en sehr wünschenswert Qgewesen
wäre. So fuhren wir denn auch schliesslich geradeaus auf eine überschwemmte
Geröllbank auf, und nur ein schnelles Arbeiten der Maschine
in umgekehrter Richtung verhinderte ein Festlaufen.
Nun blieb nichts anderes übrig, als die Bahau den Fluss selbständig
hinauffahren und nur unsere grossen Böte vom „ L a w u ” bugsieren zu
lassen. Zwar ging es jetzt mühelos weiter, aber da oberhalb Long Howong,
beim Rata,' sehr schwer zu überwältiog ende Strömunogen Vorkommen und
das Wasser infolge des anhaltenden Regens ständig stieg, beschloss
ich, doch in Long Howong anzulegen und es von dem folgenden Tage
abhängen zu lassen, ob der „ L a w u ” uns noch weiter bugsieren sollte
oder nicht. Das ununterbrochene Steigen des Flusses veranlasste uns
bereits abends, die Ladung aus dem Dampfer in einige schwimmende
malaiische Häuser, die vor der eigentlichen Niederlassung im Flusse
lagen und verschiedenen buginesischen und bandjaresischen Händlern
gehörten, überzuführen. Bald darauf legten auch unsere Bahau vor
unseren improvisierten Packhäusern an.
Am anderen Morgen fuhr der „ L aw u ” bereits früh zur Küste zurück
und nahm alle Briefe mit, die wir in den letzten einförmigen Tagen
unseren Angehörigen und Freunden geschrieben hatten. In grosse Verlegenheit
brachte mich der Gedanke, wie ich die ganze Ladung des
Dampfers nach oben schaffen sollte. Am schwersten waren die grossen
Mengen Salz, die ich auch diesmal in verlöteten Blechgefässen zu
je 20 kg mitgenommen hatte und von denen die meisten für die Kajan
und Long-Glat, als Lohn für ihre Reise zur Küste, bestimmt waren.
Um unser Gepäck so viel als möglich einzuschränken, begann ich daher
bereits hier, vor Ablauf der Reise, den Bahau ihren Teil auszubezahlen,
so dass sie das Salz in ihren eigenen Böten unterbringen mussten. Die
Long-Glat waren jetzt aber kaum noch zu halten, wollten auf den
Nachschub der Kajan unter K w in g I r a n g nicht länger warten und
hatten es so eilig, ihren Häuptling N jo k L a einzuholen, dass ich sie
nur mit Mühe dazu bewegen konnte, 25 Salzkisten für mich nach
Long Deho mitzunehmen. In Anbetracht, dass sie bereits ihr eigenes
Salz wegen zu grösser Belastung der Böte in Long Howong zurückgelassen
hatten, verargte ich es ihnen nicht, dass sie unsere Salzkisten
nicht über die östlichen Wasserfälle brachten, sondern in Long
Bagung deponierten. Am Abend des 26. Juni reiste dieser Teil unserer
Gesellschaft ab, nachdem vorher noch ein Boot mit Kajan, die Udju
Tépu vor uns verlassen hatten, in Long Howong angekommen war.
Diese hatten sich allein auf den Rückweg gemacht, weil einer der
Ruderer an einer Unterleibskrankheit, zjiider noch Malaria hihzugetreten
war, schwer krank darniederlag. Da seine Angehörigen nicht genau wussten,
wann ich aus Samarinda eintreffen würde und die Schwäche des
jungen Mannes stets zunahm, hatte man beschlossen, mit ihm den Heimweg
anzutreten, damit er zu Hause oder doch wenigstens seiner Heimat
so nahe als möglich sterbe. Nach dem Bericht der Kajan war der
Mann an dem Leiden erkrankt, das sich die Stämme aus dem Innern
häufig bei längerem Aufenthalt an der Küste zuziehen. Die Krankheit
entsteht dadurch, dass die zu Handelszwecken zur Küste reisenden
Eingeborenen sich dort allerhand Naschwerk und Leckerbissen kaufen, ö '
für sie ungewohnte und schädliche Genüsse; ausserdem trinken sie,
wie daheim im Gebirge, das hier bereits stark verunreinigte Flusswasser.
Die Dajak mit ihrer zarten Konstitution erkranken hierdurch
beOg reiflicherweise leicht an Unterleibskrankheiten,' die sich mit
Malaria komplizieren und dann häufig einen tötlichen Verlauf nehmen.