gegen Kutei mehr fanden, begannen sie aufs neue Steuern zu bezahlen.
Ebenfalls von Bedeutung für die Bevölkerungsverhältnisse am Hauptstrom
ist die Existenz der Kénjaniederlassungen der Uma-Timé am
oberen Tawang, einem linken Nebenfluss des Mahakam, den man
durch den Mérah erreicht. Dieser etwa 2000 Seelen zählende Stamm
ist als letzter vor ungefähr 30 Jahren aus Apu Kajan in das Tiefland
ausgewandert. Der unmittelbare Anlass zu ihrer Auswanderung war
folgender: Die Uma-Timé spielten früher in ihrem Stammland infolge
ihrer Stärke die gleiche Rolle, wie jetzt die Uma-Tow, d. h. sie nahmen
den übrigen Stämmen gegenüber eine herrschende Stellung ein, machten
sich aber unter diesen durch ihr gewalttätiges Auftreten so viele Feinde,
dass ihnen der Aufenthalt dort nicht mehr sicher erschien. Ausserdem
sehnten sie sich danach, in grösserer Nähe der Küste zu leben, von
der sie Salz, Tabak und Leinwaren leichter beziehen konnten; auch
hofften sie im Vertrauten auf ihre grosse Anzahl, nicht zu sehr unter die
Abhängigkeit vom Sultan von Kutei zu geraten. Nachdem sie mit diesem
zuerst über eine Ansiedelung in seinem Reich am Tawang unterhandelt
und seine Zustimmung erhalten hatten, begannen sie unter ihrem
Häuptling Bo A d ja n g H i p u i , der damals in Apu Kajan viel Einfluss
besass, nicht längs des Boh, sondern in östlicher Richtung auszuwandern.
Um die mannigfaltigen, für ein so grosses Unternehmen erforderlichen
Vorzeichen zu suchen, begann der Stamm damit, in seiner
Auswanderungsrichtung einen für eine zeitweilige Siedelung passenden
Ort auszuwählen. Dort blieb er eine Reisernte über wohnen, dann zog
er auf die gleiche Weise weiter, so dass es drei Jahre dauerte, bevor
er sich am Tawang niedergelassen hatte. Nach dem, was sie selbst
erzählten, hatten die Uma-Timé auf dieser Reise nicht all ihr Hab
und Gut mitnehmen können, sondern einige wertvolle Gegenstände,
wie Gonge, an verschiedenen Waldstellen verbergen müssen. Augenblicklich
wohnt der Stamm noch am Tawang in mehreren grossen
Niederlassungen unter der Herrschaft von I b a u A d ja n g und D in g
A d ja n g , den Söhnen seines berühmten Häuptlings Bo A d ja n g H i p u i .
Die Siedelung dieser Kénja-Dajak am Tawang ist vor allem deswegen
für den Mahakam von Bedeutung, weil ihre Verwandten aus
Apu Kajan sie auf ihren Handelsreisen zur Küste stets wieder besuchen
und dabei die Route Boh—Mahakam—Mérah—Tawang ein-
schlagen. Ihre alten Fehden haben die Stämme aber trotz der ver-
verwandtschaftlichen Besuche nicht vergessen.
Diese KSnjastämme hatten nicht, wie die Bahau, ihre Unabhängigkeit
Kutei gegenüber zu bewahren verstanden, obgleich sie anfangs
so zahlreich waren und mit der Energie der Gebirgsbewohner ausgerüstet
ihre neuen Wohnplätze bezogen hatten. Mit grösser Gewandtheit
hatten die Sultane von Kutei aus dem Verhältnis der Stämme
untereinander ihren Nutzen zu ziehen verstanden. Anfangs hatten
die Kénja dieses Gebiet mit Zustimmung des Sultans besetzt, ohne
von diesem in irgend einer Weise abhängig zu sein. Ihre vornehmsten
Häuptlinge D in g A d ja n g und I b a t j A d ja n g hatten sich
oberhalb der Niederlassung Long Bija zwei grosse Häuser gebaut ;
nach kurzer Zeit entstand aber Streit zwischen den neuen Nachbarn,
worauf das Köpfejagen von beiden Seiten mit Erbitterung betrieben
wurde. Da die Long-Bila unter der Herrschaft des Sultans von Kutei
standen, suchten sie bei diesem Hilfe. Er sandte ihnen einige Malaien
und eine grosse Anzahl Gewehre mit Munition, die die Kénja
nicht besassen und vor denen sie sich daher sehr fürchteten. Die
Long-Bila erhielten hierdurch das Übergewicht über die Uma-Timé,
denen sie im übrigen weder an Anzahl noch an persönlichem Mut gewachsen
waren. Durch eine Beschiessung ihrer Niederlassungen zwangen
sie die Kénja, diese zu verlassen, worauf sie die Häuser verbrannten.
Dieser obdachlose Stamm musste sich darauf dem Sultan unterwerfen
und ihm tributpflichtig werden, worauf dieser ihm dann
neue Häuser zu bauen gestattete.
Über das Verhältnis der Uma-Timé zu den ihnen verwandten Stämmen
in Apu Kajan und den Einfluss, den dieses auf den Verlauf meiner
Reise zu den Kénja gehabt hat, wird im IV. Kapitel ausführlicher die
Rede sein. Zum Schluss noch einige Bemerkungen über die Beziehungen
zwischen der Bahaubevölkerung ober- und unterhalb der Wasserfälle.
Aus den vorhergehenden Schilderungen ging bereits hervor, dass
die Bande zwischen den Mahakamstämmen sehr locker sind; da die
Glieder desselben Stammes in der Regel untereinander heiraten, besteht
eine Blutsverwandtschaft zwischen den Stämmen nur unter den
Häuptlingsfamilien, deren Angehörige, um eine ebenbürtige Heirat
schliessen zu können, sich oft mit Gliedern anderer Stämme verbinden.
So sind am oberen Mahakam die Häuptlinge aller Niederlassungen
mit der Familie des alten Bo I b a u verwandt geworden, am mittleren
Mahakam dagegen |mit der seines Bruders Bö L é d jü A j a . Ihre gemeinsame
Abkunft aus Apu Kajan ist den Stämmen jedoch, wie schon
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