stamm ein sehr rohes Bild, in das sie an Stelle von Augen, Nase
und Mund Löcher bohren. Um diese Figur, die den Kranken vorstellen
soll, schlagen sie einige alte Lappen und werfen sie dann in
das Gestrüpp hinters Haus, um den bösen Geistern weiszumachen,
sie empfingen ihre Beute.
Nach einer Krankenbeschwörung, die von den Mendalam Kajan
mit mela, den Mahakam Kajan mit qnah abei und im Mahakam-Bu-
sang mit gnah hadm (Arbeit) bezeichnet wird, umgeben die dajung
den Patienten und sein Lager mit einem Netz, damit die bösen Geister
sich in den Maschen wie Fische verwickeln und so ferngehalten werden.
Den Frauen legen die Priester nach einer Krankheit um eines der
Handgelenke ein kleines Armband aus zwei Reihen von Perlen (inu
beneng), das basei djani-u genannt wird und als Schutzmittel gegen
Krankheit niemals abgelegt werden darf. Während die dajung mit
dem Umlegen dieses Armbandes beschäftigt ist, entfernen sich die
Männer, aus Furcht, dawi zu werden. Dawi bedeutet Misserfolg in
den männlichen Tätigkeiten wie Jagd, Fischfang und Krieg (T. I p.
35°) leiden. Auch sonst wagen die Männer nichts speziell Weibliches
zu berühren.
Den verschiedenen Beschwörungen wohnte ich absichtlich nur selten
bei, weil die Eingeborenen fürchteten, meine Anwesenheit könnte
den Geistern unerwünscht sein und ihre Hilfe daher beeinträchtigen.
Erst nach langdauerndem Aufenthalt am Blu-u war ich einige Male
bei einer mela zugegen und erlebte sogar, dass mich’ die Kajan
darum baten, ihre Gebete an die Geister zu unterstützen. Es geschah
dies bald nach der oben beschriebenen grossen Beschwörung,
als wir uns alle nach trockener Witterung sehnten, lim bei fallendem
Wasser zur Küste reisen zu können. K w in g I r a n g hatte schon einige
Beschwörungen vornehmen lassen, aber vergebens. Ich zweifelte bereits
an der Möglichkeit einer Abreise im Laufe des Monats, als in
der Luft endlich eine Veränderung bemerkbar wurde. Wahrscheinlich
hatten auch die Kajan sie beobachtet, denn während wir abends mit
K w in g und 6 jungen Männern auf der Holzplattform am Ufer standen
und schwatzten, erschien der alte, beinahe blinde Bo Jok mit zwei
Stöcken, an deren Enden stark gekrümmte Stücke von Baumwurzeln
mit einer Schnur gebunden waren. Er hatte die Wurzeln durch tiefe
Einschnitte getötet und bereitete sich nun vor, mit ihrer Hilfe die
Geister dazu zu bewegen, den Regen aufhören zu lassen. Seinen eigenen
Einfluss allein schien -er jedoch nicht stark genug zu finden, denn er
übergab mir einen der Stöcke, um ihn neben unserer Hütte in die
Erde zu pflanzen. Er selbst begab sich mit dem seinen zum Fluss
hinunter, bohrte ihn in die Erde und steckte in das gespaltene Wurzelende
ein Ei. Dann musste jeder von uns bei seinem Stock die
Wind- und Regengeister beschwören und zwar in den folgenden Worten,
die mir der Alte vorsagte: „Wenn ihr imstande seid, es so regnen
zu lassen, dass diese Wurzel zu einem Baum heranwächst, so
lasst es nur regnen; wenn aber nicht, so haltet ein mit dem Regen
und lasst es trocken werden, damit wir ohne Gefahr hinunterreisen
können.” Ich fürchtete,■ meinen Ernst nicht bewahren zu können, aber
K w in g kam mir mit dem Rat zu Hilfe, meine Beschwörung in holländischer
Sprache zu halten, um zu verhindern, dass ich im Busang
meiner Würde vor den Zuschauern zu viel schadete. Die Kajan genossen
also nur die packende Rede, , die Bo J o k an die Geister
richtete.
In einer stillen Nachmittagsstunde erzählte mir derselbe greise Priester,
wie sich die Kajan die Menschen, Götter und Geister auf Erden entstanden
dachten. Bo J o k kannte mein Interesse für alles, was das
Geistesleben der Kajan betraf; indem er mir nun ihre Schöpfungsgeschichte
anvertraüte, wollte er mir augenscheinlich die Teilnahme vergelten,
mit der ich seine Klagen über das Verschwinden der guten
alten Zeit am oberen Mahakam angehört hatte. Die Erzählung lautete
folgendermassen:
Zwei alte Leute im Himmel Apu Lagan waren einst damit beschäftigt,
sich mit einer kleinen Kupferzange, tsqp^ die Augenbrauen'
auszuziehen. Sowohl die Frau B u a L a n g n j i als der Mann D a l e L i l i
L a n g n j i wurden aber bei ihrem hohen Alter von der Arbeit so
müde, dass sie in Schlaf sanken, wobei ihnen die Zange entglitt
und zur Erde niederfiel. Sie lag dort auf einem nackten Felsen&am
Ufer des Mahakam, als ein Riesenwurm (duktmg) aus dem Wasser
zum Vorschein kam, an dem ungewöhnlichen Gegenstand sogmnd
dabei seine Exkremente absetzte. Dies sah eine Krabbe [kujd), die
sich in der Nähe unter einem Stein verborgen hielt, und, sobald der
dukung fortging, scharrte sie mit ihren Beinen den Kot auseinander,
wodurch der Fels mit Erde bedeckt wurde. In dieser Erde trieb die
tsqp Wurzeln, so dass die Schwester von B u a L a n g n ji, als sie unten
nach der Zange suchte, bereits ein Bäumchen mit einigen kup-
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