Die Dotterzellen sind in den Keimstreifenstadien bereits in voller Tätigkeit. Man findet sie
im Inneren des Dotters, meist aber in nächster Nähe des Keimstreifens, den sie mit Nährmaterial
versorgen.
Chromatinreste sind in den älteren gekrümmten Keimstreifenstadien nur noch ganz spärlich
anzutreffen, d e r D o t t e r i s t a l s o v o n f ä r b b a r e n K ö r p e r n mi t A u s n a h m e d e r
D o t t e r k e r n e f a s t v ö l l i g frei . Die letzten chromatischen Restkörper trifft man unmittelbar
am Keimstreifen oder zwischen seinen Zellen, denen sie jedenfalls zur Ernährung dienen. So wird
also das vom Soma ausgeschiedene Chromatin zuletzt von ihm selbst zurückgefordert und zu seinem
Aufbau verwendet.
Uroogonien.
Während und nach der rückläufigen Krümmung des Keimstreifens vollzieht sich auch eine
Ortsveränderung der Uroogonien. In Stadien von der Fig. 27 liegen sie noch im 14. Segment (die
definitive Segmentzahl angenommen), in Keimstreifen, in welchen die ventrale Verlagerung des
Hinterendes eben vollzogen war, fand ich sie im 13. Segment, noch später im 12. Segment und zuletzt
im 11. Segment, womit sie ihren definitiven Platz erreicht haben. Während dieser Veränderung
bleiben sie immer innerhalb des Mesoderms, zwischen dessen Zellen sie sich hindurchschieben. Ich
fand sie dabei niemals von einander getrennt, sondern immer in Berührung und, wie schon erwähnt,
jederseits zu vieren in einer Längsreihe angeordnet. Neue Teilungen der Keimbahnzellen haben
bis jetzt nicht Platz gegriffen, doch macht sich in ihren Kernen während der langen Ruheperiode
ein eigenartiges Verhalten des Chromatins bemerkbar. Wir haben nämlich hier kein feines Chromatin-
reticulum vor uns, sondern das Chromatin tritt in Form relativ großer Partikel, die sich später scharf
von einander isolieren, auffällig hervor. Diese Chromatinelemente, deren ich in den zahlreichen
untersuchten Kernen immer gegen 40 zählte, können ziemlich unregelmäßige Gestalt besitzen, meist
aber sind sie fast viereckig, blockartig oder etwas gerundet, und an vielen gewinnt man den Eindruck,
daß sie aus zwei symmetrischen Hälften zusammengesetzt seien. Ein feines, maschiges Liningérüst,
wie in anderen Kernen, ist zwischen ihnen nicht vorhanden. Im Anfang verteilen sie sich ziemlich
gleichmäßig auf den ganzen Kernraum; ungefähr in dem Stadium der Fig. 27 aber findet eine
bestimmte Gruppierung statt. Gegen 10 Elemente legen sich in der Mitte des Kerns dicht zusammen,
alle übrigen aber rücken nach der Peripherie, und zwischen den zentralen und peripheren Elementen
ist dann eine fast chromatinfreie Zone wahrzunehmen. (Man könnte die zentrale Gruppe als einen
chromatischen Nucleolus mit distinkten Elementen betrachten.) Durch das eigenartige Verhalten
des Chromatins sind die Keimzellen vor den Somazellen scharf charakerisiert und in allen Stadien
sehr leicht aufzufiiiden.
C. 3. Entwicklungsperiode.
Die Keimbahn bis zu ihrer Vollendung.
Ein besonders glücklich geführter Frontalschnitt (Fig. 28) zeigt die 8 Uroogonien in ihrer
definitiven Lage. Sie sind symmetrisch zu je vieren links und rechts in Längsreihe angeordnet. In
ihrer Hauptmasse erfüllen sie das 11. Segment, ragen jedoch noch etwas in das vordere und hintere
Nachbarsegment hinein. Sie dominieren über alle Somazellen durch ihre Größe. In den wohlgerundeten
Plasmaleibern liegen die großen kugeligen Kerne mit der früher schon beschriebenen
eigenartigen Verteilung des Chromatins. Ihre Durchmesser betragen 12—13 |x. Durch die Abrundung
der Form gewähren die einzelnen Uroogonien noch den Eindruck der Selbständigkeit, Berührung
findet nur in ihrer mittleren Partie statt, nach außen aber lassen sie Furchen zwischen sich, in denen
man regelmäßig kleinere Kerne (omes) antrifft, deren zugehöriges Plasma sich keilförmig, oft recht
tief, zwischen die Uroogonien hineinschiebt. Histologisch gleichen diese Elemente vollständig den
Mesodermzellen, z. B. den noch wenig differenzierten Muskelzellen. Von den Uroogonien können
sie nicht abgeleitet werden, da sich ja letztere noch gar nicht wieder geteilt haben. Sie stellen also
ein mesodermales Stroma dar, in das die Geschlechtszellen eingebettet sind, und wir haben also hier
dieselben Verhältnisse, wie sie in besonders klarer Weise von Heymons für Forficula und die
Orthopteren beschrieben wurden.
Das Ganze, also jederseits die vier Uroogonien mit der zusammenhängenden mesodermalen
Umhüllung, bildet die erste Anlage der Go n a d e . Ihre Lage im Sagittalschnitt zeigt Fig. 29. Die
vier längsgereihten Genitalzellen sind auch hier auf einem Schnitt getroffen worden, und zwar liegen
sie noch zur Hälfte im zwölften Segment. Einen Querschnitt endlich durch ein entsprechendes
Stadium findet man in Fig. 30. Der Schnitt ist hier durch die beiden hintersten Uroogonien geführt
und zeigt zwischen ihnen das Proktodäum, dessen blindes Ende auf dem nächst vorderen Schnitte
getroffen ist. Auch hier hegt die Gonade noch ein gutes Stück im 12. Segment.
Eine weitere Veränderung in der Gonade erfolgt nun zunächst dadurch, daß die vier Genitalzellen
sich gegeneinander verschieben (Kg. XXI a), bis sie rhombische Anordnung gewinnen und
dadurch mit den Mesodermzellen im ganzen einen rundlichen, ballenförmigen Körper bilden
(Fig. XXI b ).x) Auf Querschnitten durch solche Ovarien können auf demselben Schnitt zwei oder
drei der großen Uroogonien getroffen werden. Dies kommt in dem Ubersichtsbild von Fig. 31 zur
Darstellung. Zwei der Uroogonien sind hier nur im Anschnitt zu sehen, zeigen also nur das periphere
und nicht das zentrale Chromatin. Das keilförmige Einschieben mesodermaler Zellen zwischen die
Geschlechtszellen tritt hier noch deutlicher hervor als in Stadien mit längsgereihten Geschlechtszellen.
Die ballenförmigen Gonaden liegen ganz im 11. Körpersegment, wie sich durch Auszählen der Ganglien
des Bauchmarks ergibt.
In diesen vorgerückten Stadien macht sich innerhalb der Gonade noch eine weitere Differenzierung
geltend. Die Mesodermzellen, die die längsgereihten Geschlechtszellen einbetten, setzen
sich nach vorn fort in einen dünnen Strang, der ebenfalls aus Mesodermzellen besteht (Fig. 28). Ich
konnte ihn auf Längsschnitten bis ins 9. Segment verfolgen, wo er sich dann zwischen dem übrigen
Embryonalgewebe verliert, auf Querschnitten kann er wegen seiner Feinheit in seinem weiteren
1) Dies gibt eine ähnliche Konfiguration der vier Zellen, wie sie oft bei totaler Furchung die vier ersten
Blastomeren eingehen.