
losen Dotter liegen und nicht von aktivem Plasma umgeben sind, welch letzteres jedenfalls eine viel
schnellere Zersetzung bewirken würde.
Bei vergleichender Betrachtung der eben beschriebenen Blastodermstadien der Miastorlarven
gewinne ich den Eindruck, daß hier in wesentlichen Punkten eine Übereinstimmung mit der typischen
Blastula anderer Metazoen vorhanden ist; denn wir haben hier ein einschichtiges, allseitig geschlossenes
Epithel von Zellen, die den Furchungszellen entstammen, und im Inneren einen zellenlosen Raum,
der-in unserem Falle mit Dottersubstanz erfüllt ist. Dieser Innenraum würde der Furchungshöhle
oder dem Blastocoel entsprechen. Daß er hier mit Dotter erfüllt ist, erscheint mir unwesentlich;
denn die Furchungshöhlen der verschiedenen Metazoen können die allerverschiedensten Substanzen
enthalten. Es ist eben ein wesentliches Moment für die Blastodermbildung von Miastor, daß im
Dotter keine Furchungszellen Zurückbleiben, daß also kein „Centroblast“ im Sinne von Gräber (22)
vorhanden ist. Damit will ich aber die Existenz eines solchen für andere Insekten nicht in Abrede
stellen, sie scheint vielmehr durch zuverlässige Studien ganz gesichert, wie z. B. von Bobretzky (11)
bei Pieris, Heider (35) bei Hydrophilus, Heymons (36) bei Forficula. Dem stehen jedoch andere
Beobachtungen entgegen, nach welchen ein „Centroblast“ nicht vorhanden ist, sondern sämtliche
Furchungszellen ins Blastoderm übergehen, wie beiNeophalax (Patten, 64), bei den Aphiden (Will, 85),
bei Gryllotalpa (Heymons, 36). Es müßte eben nun entschieden werden, welches Verhalten als das
ursprüngliche zu betrachten ist. Das genaue Studium der Apterypoten würde hierfür von besonderer
Bedeutung sein.
Ein weiteres wichtiges Merkmal der Miastor-Entwicklung ist das Fehlen eines Keimhautblastems.
Die Entwicklung geschieht also nicht in der Weise, daß erst eine einheitliche protoplasmatische
Rindenschicht gebildet wird, in welche dann die von innen kommenden Furchungskerne
hineinrücken, sondern die Furchungskerne bringen ihr Plasma aus dem Innern mit. Dies war ja
immer mit ihnen zur Zelleinheit untrennbar verbunden, wurde bei den Teilungen gleichmäßig auf die
Tochterkerne verteilt; gelangte mit den Kernen nach der Oberfläche, und erst dadurch, daß hier die
Furchungszellen zahlreicher wurden, gewannen sie gegenseitige Fühlung und bildeten schließlich
ein geschlossenes Epithel.
Sieht man einmal vom Dotter ab oder betrachtet man ihn vielleicht als das Substrat, in welches
die Bildungselemente eingelagert sind, so haben wir hier von Haus aus eine große, in diesem Falle
unbefruchtete Furchungszelle, bestehend aus einem mächtigen Plasmaleibe und dem Furchungskern,
vor uns. Aus ihr entstehen durch äquale Teilungen zwei, vier und acht Blastomeren, und nach
Isolierung der Keimbahn teilen sich die Somazellen gleichmäßig weiter, bis sie sich zur Keimblase
zusammenschließen. Es paßt dieser Entwicklungsprozeß vollständig in den Rahmen des totalen —
äqualen Furchungsmodus, und er zeigt überhaupt mit einfachen, typischen Furchungsverhältnissen
die größte Übereinstimmung.
Besondere Beachtung verdient noch der schon immer erwähnte S y n c h r o n i s m u s d e r
Z e l l t e i l u n g e n . Er ist kein absoluter, sondern es machen sich immer kleinere oder größere
Schwankungen bemerkbar. Sogar im zweizeiligen Stadium konnte ich kleine Unterschiede in der
Teilungsphase der beiden Kerne konstatieren. Besonders auffällig sind die Differenzen im achtzeiligen
Stadium, was ich mit den inneren Prozessen, die sich hier im Chromatin abspielen, in
Zusammenhang bringe. Später findet wieder ein Ausgleich statt; denn ich habe zahlreiche Blastodermstadien
angetroffen, deren Somazellen sich fast ohne Ausnahme in Teilung befanden (Fig. 21). Dabei
stehen weitaus die meisten sogar in derselben Teilungsphase, z. B. im Diasterstadium, und nur ein
kleiner Teil ist noch zurück oder schon in die Telophasen übergegangen. Dies gibt in den Präparaten
äußerst reizvolle Bilder, deren Studium besondere Freude bereitet. In Fig. XI habe ich noch ein
derartiges Stadium nach einem tangentialen Längsschnitt abgebildet. Einen vollständigen Synchronismus
der Teilungen habe ich jedoch auch in Blastodermstadien nicht beobachtet, sondern es waren
immer einige Zellen vorhanden, die entweder noch ruhten
oder in der Phase zurückgebieben oder auch der Hauptmasse
der Zellen vorausgeeilt waren.
Die hier beschriebenen Verhältnisse sind auch für andere
Insekten bekannt, indem auch bei ihnen im ganzen Blastoderm
oder doch in größeren Partien desselben gleichzeitige Mitosen
beobachtet wurden. So enthalten z. B. die Fig. 1, 2 und 4 der
Will’schen Abhandlung (85) über die Aphiden ganz analoge
Verhältnisse, wie wir sie bei Miastor kennen lernten. In
neuerer Zeit hat Lecaillon (45, 46) auf den Synchronismus
der Teilungen bei den Chrysomeliden aufmerksam gemacht.
i sich teilendes
Die annähernde Gleichzeitigkeit der Mitosen spricht für die nahe Verwandtschaft der Somazellen
und ihre gleiche Prospektivität (Gesetz der zeitlichen Konkordanz der Teilungen [zur Straßen]),
und sie erklärt ferner den zahlenmäßig genauen Aufbau der Ruhestadien; denn jedes Stadium enthält
im Soma genau die doppelte Zahl der Zellen wie das vorhergehende. Ich habe zwar die Entwicklung nur
bis zu einem Stadium von 56 Somazellen zählend verfolgt, kann aber
mit größter Wahrscheinlichkeit behaupten, daß das nächste Ruhestadium
aus 112 und das übernächste aus 224 Somazellen bestehen wird.
Abweichend, ‘auch in dieser Hinsicht, verhält sich die Keimbahn.
Ich habe hier niemals eine Gleichzeitigkeit .der Teilungen
beobachtet, was gerade in diesem Falle verwundert, da man doch
wohl die Oogonien -von ein- und derselben Generation als völlig
gleichwertige Zellen betrachten muß. Schon die beiden Tochterzellen
der Urgeschlechtszelle teüen sich stets nacheinander, und von den
vier Oogonien der zweiten Generation beginnt zuerst nur eine Zelle
sich zu teilen, und die übrigen folgen nicht gleichzeitig, sondern
ebenfalls nacheinander. Auch das Tempo der aufeinanderfolgenden
Teilungen ist hier viel langsamer als in den Somazellen. In der
dritten Generation besteht die Keimbahn aus acht Oogonien, und
damit kommen die Teilungen zu einem vorläufigen Abschluß. Zum Unterschied von den späteren
Zellgenerationen der Keimbahn könnte man die Zellen der ersten, zweiten und dritten Generation
wegen ihrer Sonderstellung als U r o o g o n i e n bezeichnen. Sind einmal acht solcher Zellen
gebildet, so folgt eine sehr lange Ruheperiode der Keimbahn, während das Soma in seiner
Embryonalentwicklung lebhaft weiterschreitet. Fig. XII zeigt einen Querschnitt durch das Hinterende
eines älteren Blastodermstadiums, auf dem außer einigen Somazellen sämtliche acht Uroogonien
getroffen wurden. Die vorher rundlichen Zellen haben hier durch engeres Aneinanderlegen
polygonale Gestalt angenommen. Ihr Chromatin zeigt nicht das Bild eines gewöhnlichen, feinen
Reticulums, sondern besteht aus relativ großen Partikeln, die sich gleichmäßig auf den Kernraum
verteilen.
blz
Fig. XII.
Querschnitt durch d ie acht Uroogonien eines
Blastodermstadiums. ep Follikelepithel, Blz
Blastodermzellen. Hom. Imm. u . 4.